Ein grandioser Roman im Stil des fantastischen Realismus, der als Vorbild für dieses Genre dienen kann. Die Geschichte von einer tiefen Liebe eines Paares aus völlig unterschiedlichen Welten, die wundervolle bildhafte Sprache, die den Dschungel, die trockene Hitze, die Feuchtigkeit, die schreienden Vögel, die karibischen Düfte und die Stille des Friedhofs Fidelis inmitten dieses Chaos auf der Insel Trinidad fast plastisch riechen, hören und spüren lassen, der Schuss Magie, der die Handlung spannend macht und viele andere Komponenten des Genres sind großartig umgesetzt.
Eine häufig auftretende Schwäche der Romangattung findet sich hier überhaupt nicht, nämlich dass bei all der Implementierung von Magie und Mystik durch Vernebelung im Plot und durch ein Wimmelbild zwischen vielen Figuren und deren Beziehungen bemüht Verwirrung gestiftet wird. Auch hier werden meine Vorlieben sehr gut bedient. Alle Protagonisten werden konsistent in die Handlung eingeführt und der Plot entwickelt sich sehr stringent, wenngleich er trotzdem einige Überraschungen bereithält.
Der junge Mann Darwin Emmanuel findet keine Arbeit und bekommt vom Arbeitsamt einen Job als Totengräber in der Stadt Port Angeles auf dem Friedhof Fidelis zugeteilt. Dieser Umstand zieht ein Zerwürfnis mit seiner Mutter nach sich, denn als Rastafaris dürfen diese sich aus religiösen Gründen nicht mit Toten beschäftigen. Zudem hat seine Mutter schon Emmanuels Vater an die Stadt verloren, denn ihr Mann wollte auch einen Job suchen und ist nie wieder zu ihr zurückgekehrt. Nun wohnt Darwin bei einer Bekannten in einem Zimmer, hat mit der Welt der Mutter und den Regeln seiner Vorfahren gebrochen, muss sich zuerst einmal überwinden, überhaupt ein Grab zu schaufeln und sich mit seinen Totengräberkollegen arrangieren. Nach und nach wächst er aber in seinen Job hinein.
Yejide muss gerade mit dem Tod ihrer Mutter fertigwerden, die Zeit ihres Lebens sehr gleichgültig gegenüber ihrer Tochter agiert hat. Ihre Familie trägt über Generationen ein Geheimnis, denn die weiblichen Mitglieder können den Tod und das Todesdatum jedes Menschen sehen. Als die Mutter stirbt, geht diese Gabe, die eher als Fluch zu sehen ist, auf die Tochter über. Vor dem Begräbnis hat Yejide eine außerkörperliche Erfahrung, sie sieht Darwin auf dem Friedhof Fidelis und auch Darwin bemerkt den Astralkörper von Yejide. Die junge Frau ist sofort davon überzeugt, dass dieser Mann der richtige für sie ist, denn sie kann bei ihm als Einzigen kein Todesdatum sehen. Als sie sich anlässlich der Beerdigung von Yejides Mutter tatsächlich in der Realität treffen, beginnt sofort eine innige Beziehung zwischen den beiden, die überzeugt davon sind, ihren Lebensmenschen und Seelenverwandten gefunden zu haben.
Auf dem Friedhof geht einiges nicht mit rechten Dingen zu. Darwin gerät in Schwierigkeiten mit den Arbeitskollegen und muss ein paar schwerwiegende Probleme lösen. Das Finale wartet mit einem Happy End auf, das auch die Familie von Darwin miteinbezieht. Das Ende des Romans ist zwar ein bisschen kitschig, aber fantastischer Realismus, Magie und ein bisschen Kitsch passen meiner Meinung nach perfekt zusammen.
Fazit: Absolut Lesenswert! Buchstoffhöhepunkt.
Als wir Vögel waren von Ayanna Lloyd Banwo ist im Diogenes Verlag als Hardcover erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite.