Kürzlich gelesen: Schwanengesang, Cartoons, Booklove und auf Realismus begründeter Zynismus

Bisher hat er mich, trotz Empfehlungen von Menschen denen ich vertraue, nicht erreichen können. Der Autor Ned Beauman.  „Der gemeine Lumpfisch“ hat sich letztendlich qualifiziert. Schon des Titels wegen und natürlich hat mich der Inhalt interessiert. Da geht der Brite aber auch in die Vollen. Zynismus ist eigentlich auch die falsche Bezeichnung, Beauman schreibt realitätsorientiert. Der Mann weiß wie die Menscheit in Masse tickt, das wird in seinem, ein paar wenige Jahre in der Zukunft spielenden Roman sehr deutlich. Da gibt es beispeilsweise Konzerne, die Ausrottungszertifikate kaufen können, um weiterhin Gewinnmaximierung zu betreiben. Auf dem Weg sind wir doch schon. Beauman denkt das Ganze konsequent weiter und hui! der kann schreiben! Verfügt über umfassendes Wissen, dass man sich einfach nur entspannt zurücklehnt beim Lesen, um sich genußvoll von seiner Brillianz überfahren zu lassen. Das Schönste ist, dass bis zum Ende nicht absehbar ist, wohin die Reise gehen wird. So werde ich die grandiose Idee der „Yippiemücken“ nie wieder aus dem Kopf kriegen.

Sie wurden, von einem Nerd auf der unabhängigen Hochseeplattform „Surface Wave“  gezüchtet und modifiziert um das größte Wohlbefinden im Universum herzustellen. Lest selbst wie das funktioniert. Aber auch der Lumpfisch, zu dessen Rettung sich eine junge Biologin, zusammen mit einem zwielichtigen Konzernangestellten aufmacht, hat charmante Eigenschaften und besonders angetan hat es mir, der im Roman jüngst leider ausgestorbene „… Weihnachtsfregattvogel, der andere Vögel solange belästigte, bis diese vor Überdruss kotzten, und dann ihr Erbrochenes fraß …“  

 

 

Wer extrem gut erzählte, überraschende, schwarzhumorige, hochaktuelle Geschichten mit Realitätsbezug mag kommt an Beaumans „Der gemeine Lumpfisch“ nicht vorbei. Diese Vergnügen sollte Mensch sich nicht entgehen lassen.  

 

Jahrzehntelanges Lesevergnügen verdanke ich auch John Irving. „Owen Meany, Gottes Werk und Teufels Beitrag, Garp, Die wilde Geschichte vom Wassertrinker, Zirkuskind“ um mal die wichtigsten zu nennen.Der letzte Sessellift“ sein, wie von mir aufgrund seines Alters vermutet, und auch nach Eigenaussage letzter großer Roman, ist gelesen.

 

Der Schwanengesang eines Schriftstellers aus Leidenschaft. Ein Rückblick auf ein langes erfülltes Schriftstellerleben, mit Reminisenzen an viele seiner vorherigen Bücher und natürlich, die politische Lage und die Lage der Welt ist nicht besser geworden wie gehofft sondern schlimmer als erwartet, mit all den Themen die seine Romane schon immer getragen haben. Freiheit, Toleranz, Minderheiten, skurrile Charaktere, Österreich und vieles mehr. Das las sich ab und an wirklich dröge. Denn die Zeiten auf die er zurückblickt sind vorbei und aktuell sind die Themen Abtreibungsrecht, Freiheit, Toleranz gegenüber Minderheiten, Cancel Culture, Migration, Klimawandel, Artenschwund etc. da liest sich das schon wenig mitreissend. Doch Irvings Thema scheint mir, besonders in den Teilen die zu Moby Dick geschrieben sind ein anderes zu sein. Ja, es ist ein Rückblick auf ein langes, erfülltes Schrifststellerleben aber es ist auch ein Warten auf die große Dunkelheit ein Wissen um das Unausweichliche und ich glaube in keinem seiner vorherigen Romane sind soviele Menschen gestorben. Irvings Thema ist der Tod, wie man ihm begegnen kann, wie man mit Würde durch die ganze Scheiße durchkommt. Da schreibt jemand gegen die Angst an. Und das auf immer noch hohem Niveau und setzt sich dabei ein kleines Denkmal.Ich habe gelacht, geweint und mich bei diesem Roman gemopst. Er ist lang, normalerweise liebe ich das bei guten Autoren, aber diesmal war es ein wenig redundant. Verzeihe ich das meinem langjährigen Lieblingsschriftsteller? Ja. Weiterempfehlen kann ich den letzten Sessellift aber nur eingeschränkt, obwohl Irving wieder unvergesslichliche Bilder in meinen Kopf gezaubert hat und es auch etliche Sätze zum Verlieben gab. Es war ein zu betuliches Lesen. Und keiner der Charaktere kam mir wirklich nahe. Dann das Drehbuch im Buch, und die Sache mit den Gespenstern, ich verstehe (vermutlich) die Intention (ab einem gewissen Alter hat jede/r geliebte oder weniger angenehme „Gespenster“, aber ehrlich, die nervten, bis zum Schluss. Kurt Vonnegut wird übrigens auch erwähnt      link   mit einer Abschlussrede die den USA mal das Ausprobieren von ein wenig Sozialismus empfiehlt.

Fans von Irving müssen diese Reise im Sessellift mit ihm unternehmen und sie werden auch vieles finden wofür es sich lohnt. Zeit und Geduld sind aber vonnöten.

 

Hauck & Bauer, deren Cartoons ich sehr schätze haben ein neues Album herausgebracht, das mir sehr gefiel, wie zu erwarten und dessen Cover mal wieder sehr gelungen ist. Das schlechtestverkaufte Buch der Welt.

 

                                 

 

 

„Booklove“ heißt die Graphic Novel deren Titel Programm ist . Entdeckt habe ich Debbie Tung erst vor kurzem mit dem Titel „Happily Ever After“ & Everything between“, einer zauberhaften GN über eine Beziehung. In Booklove thematisiert sie ihre Liebe zu Büchern und was das mit ihr macht.

 

Das Buch gibt es mittlerweile wohl auch auf deutsch. Die Originalversion war günstiger 😉

 

Für weitere Informationen bitte auf die Links in den Buchtiteln klicken.

2 Gedanken zu “Kürzlich gelesen: Schwanengesang, Cartoons, Booklove und auf Realismus begründeter Zynismus

  1. Ja, der lohnt sich, hat mich komplett abgeholt. Ein Highlight und so überraschend

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  2. Der Lumpfisch wartet noch auf mich – ich liebe Ned Beauman und seine klugen, schrägen Romane ja sehr. Ich freu mich schon drauf. LG, Bri

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