How to become extincted

 Es gibt Tage, die sind so trist, melancholisch, anstrengend oder was auch immer, da merke ich schon beim Aufstehen: heute muss ich hart an mir arbeiten, um meine gute Laune nicht zu verlieren. Manchmal hängt das auch damit zusammen, dass ich gerade ein Buch oder auch mehrere hintereinander gelesen habe, die ich hier gerne vorstellen möchte, es aber nicht zu Wege bringe, weil mir alles, was ich darüber sagen möchte, noch zu sehr im Kopf herumwabert. Wabern ist da genau das richtige Wort, denn es sind Fetzen von Bildern oder Gefühlen, die ich hier so klar wie nur irgend möglich über die Tastatur zu euch schicken möchte – ich kriege es nur nicht hin. Und das macht mich unzufrieden. Nicht unbedingt gereizt – nun ein klein wenig manchmal schon – aber irgendwie breitet sich eine ganz merkwürdige Leere neben dem Wabern aus …

Da ich eigentlich meist nur auf der Fahrt in die Arbeit oder am Abend, wenn der Lütte im Bett ist zum lesen komme, habe ich dennoch ein gewisses Bedürfnis danach. Und dann geht die Sucherei los nach einem Buch, das mich entweder aus der Leseflaute holt – hier habe ich im Übrigen sehr gute Erfahrungen mit Jugendbüchern gemacht, die stilistisch, inhaltlich und sprachlich durchaus mit „echter“ Literatur mithalten können – oder mir eine Verschnaufpause in Form von intelligenter, witziger Lektüre verschafft.

„Wie man ausstirbt“ ist eindeutig ein Buch letzterer Sorte. Will Cuppy, einer der legendären ersten The New Yorker Journalisten, gibt sein überbordendes Wissen bezüglich unterschiedlichster Tierarten hier äußerst amüsant, manchmal recht geschwätzig, aber immer mit einem ironisch-sarkastischen Augenzwinkern zum besten. Wer schon einmal eine Ausgabe des New Yorker in der Hand hielt, weiß worauf er sich einlässt. Denn die durchaus ab und an etwas überkandidelt daher kommende, mich aber sehr erheiternde Art, alles und jeden miteinander über ein, man könnte fast schon sagen, unnützes Kneipenwissen miteinander zu verknüpfen, muss einem liegen. Ich mag sie sehr.

Auch wenn ich mir nicht immer im Klaren darüber bin, ob es all die Fischarten, die Cuppy in seinen kurzen Kolumnenartigen Texten eingehend klassifiziert und beschreibt, tatsächlich gibt, so sprühen diese Beschreibungen nur so vor Esprit und Sprachfreude. Das kann auf Kosten der eigenen Lesefreude gehen, wenn man sich vermeintlich unwissend hält, doch betrachtet man diese Texte als kluges und Zeit vertreibendes Spiel auf mehreren Ebenen, das einem auch noch den Horizont erweitern kann. dann sollte dieses Gefühl des „wovon zum Teufel spricht der Kerl eigentlich“ nur ein kurzes bleiben.

Zudem lassen sich die Beschreibungen der Tierwelt ganz großartig auf uns Menschen übertragen und nicht umsonst ziert das Cover eine Zeichnung von Wolf J. Gruber, der einen Vertreter unserer Spezies, unter einer Glasglocke auf genau dem Ast sitzend zeigt, den wir uns derzeit – erneut – ganz kräftig selbst absägen. Und die Tipps, die er aus der Tierwelt bezüglich des Aussterbens gibt – der englische Titel „How to become extincted“  ist übrigens zwar gut übersetzt, im Original aber einfach mal drastischer formuliert – spiegeln unser Verhalten schon wieder, zumindest in einem Punkt, der nicht vorhandenen Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen …

Doch wie es so ist mit den Menschen, die so klug und scharf analysierend andere – mich auf jeden Fall – trotz einer nicht allzu rosigen Aussicht zu lautem Lachen bringen, sie selbst leiden zu sehr an der Blindheit der Welt. William Cuppy, den ich mit diesem kleinen feinen Büchlein erst entdeckt und schätzen gelernt habe, hat sich die Tierwelt dann doch zu sehr zum Vorbild und sich im Jahr 1949 mit 65 Jahren, gezeichnet durch eine instabile Gesundheit und langjährige Depressionen, das Leben genommen. Heute gibt es einen Asteroiden, der seinen Namen trägt und glücklicherweise sind seine Texte für uns Nachkommende bewahrt worden.

Buchdetails:

  • Aktuelle Ausgabe: 09. Februar 2018 deutsche Erstausgabe
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • ISBN: 978-3-423-28150-8
  • Gebunden, mit Lesebändchen 176 Seiten

 

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