Eine Rezension aus der Lesegemeinschaft von Bri und Bücherelfe
Zwei Bilder, ein Mann – in einer Ausstellung des Museum of Modern Art entdeckt die New Yorkerin Kate auf den ausgestellten Fotografien einen alten Bekannten. Erinnerungen an das Jahr 1938 werden wach. Ein Jahr voller Entdeckungen und Überraschungen. Als Kate zusammen mit ihrer Freundin Eve Manhattan erobern will und ihnen der mondäne Tinker Grey begegnet, beginnt eine Zeit voller aufregender Momente.
„… und das Lächeln auf Tinkers Gesicht hätte die Dunkelheit bis zum Nordpol erhellen können. …“
Mehr Inhaltliches soll an dieser Stelle nicht verraten werden, denn es ist geradezu eine Frage der Höflichkeit, die entscheidende Wendung, die dieser Roman nimmt, nicht vorab preiszugeben.
Der Zauber dieses Buches liegt vor allem in der stil– und treffsicher eingesetzten Sprache, derer sich Amor Towles durchwegs bedient. Stilistisch irgendwo zwischen melancholisch und spritzig – manchmal schon „fitzgeraldisch“ anmutend – hat dieser Erstlingsroman uns wunderbare und äußerst kurzweilige Lesestunden beschert.
So kurzweilig, dass wir versucht waren, die Lektüre künstlich zu dehnen. Kühl, unnahbar, elegant: So erscheint Die Frage der Höflichkeit auf den ersten Blick. Aber unter dem Schutzumschlag blitzt uns ein sattes Rot entgegen. Wie passend, fällt uns auf, als wir dieses literarische Kleinod zurück ins Regal stellen. Denn in diesem Roman geht es genau darum: Um Schein und um Sein, um Aufstieg und Abstieg, um Sein und Haben, um Freiheit und Reichtum und um die Frage ob nicht gerade ein vermeintlicher Abstieg der persönliche Aufstieg sein kann.
„… Plötzlich waren alle aufrechten Menschen fort. Sie hatten, einer nach dem anderen, geleuchtet und waren verschwunden, und sie liessen die zurück, die sich von ihren Wünschen nicht freimachen konnten. …“
Auch wir lassen diese Menschen jetzt entschwinden; aber nur bis in unsere Bücherregale und dort auch nur bis in absolute Reichweite, um sie spontan immer mal wieder in unser Leben zu lassen.
Fazit: sprachlich anspruchsvolles und inhaltlich – auch für Vielleser – überraschendes Lesevergnügen, das im besten Sinne amerikanischer Erzählkunst steht und sich neben einem F. Scott Fitzgerald im Regal blendend ausmacht.
6 von 5 Sternen
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe : 08. März 2012
- Verlag : Ullstein Taschenbuch Verlag
- ISBN: 978-3-548-61095-5
- Broschur: 416 Seiten