The philosopher’s story

John Kaags Werk „Das Bücherhaus“ ist untertitelt mit „Eine philosophische Liebesgeschichte“. Dieser Untertitel hat mich verleitet, dieses Buch sofort zu bestellen, um es zu rezensieren. Bereits nach den ersten Seiten jedoch merkte ich (und mein Gefühl trügt mich selten), dass diese Liebesgeschichte eine sehr einseitige bleiben würde, jedenfalls zwischen dem Buch und mir, denn ich wurde und werde einfach nicht warm mit dem Erzählstil und mit dem tatsächlichen Plot der Story.

Nachdem die U4 mir davon vorschwärmte, wie fesselnd diese – auf wahren Begebenheiten beruhende – Geschichte sei, in der ein junger Philosophieprofessor (the author himself) im Hinterland von New Hampshire eine längst vergessene Bibliothek entdeckt, nämlich die von William Ernest Hocking, der, so heißt es hier, einer der letzten großen amerikanischen Denker war. Ich kannte und kenne mich nicht aus in der Literaturgeschichte der USA und erst recht nicht in der Philosophiewelt der Amerikaner, bin aber immer offen für gute Bücher, die auch noch einen Mehrwert an Wissen liefern – dann dürfen sie gerne auch anstrengend sein. Die Tatsache, dass ich mich in der Philosophie Amerikas so gar nicht auskenne, war mit eine der Antriebskräfte dafür, mir dieses Buch zu holen – denn wo Lücken sind, kann man ja neues Wissen hineinfüllen.

Doch leider klappte das hier nicht. Ich war davon ausgegangen, eine spannende Liebes- und Selbstfindungsgeschichte zu lesen, die Bezüge zur amerikanischen Philosophie herstellt – bekommen habe ich aber eine doch recht dürre Story, die um viel kernige Philosophie herumgebastelt wurde und in der Herr Kaag seine erste Ehe auflöst und sich, nach einer Art Selbstfindung durch das Entdecken der wunderbaren Erstausgaben, die er da so findet in der vergessenen Bibliothek, und durch ihn erdende Begegnungen, die im Dunstkreis der Bibliothek stattfinden, neu verliebt und wieder bindet. Ein Lesefluss entstand bei mir nicht, zu wenig konnte ich mich anhand des Schreibstils des Herrn Kaag in irgendwelche Figuren hineinfühlen, von einem Sog ganz zu schweigen.

Der Blog kuhlebuecher.com bespricht das Buch ebenfalls, allerdings sehr positiv, dazu ein Auszug aus der dortigen Rezension:

Ein Buch für Amerika-Freunde und Philosophiestudentinnen, für Wandersleute und Romantiker. Ein Buch mit deutlichen Längen, aber erstaunlich verdichteter Ideengeschichte. Ideengeschichte, die lohnt gelesen zu werden.

Während „Kuhle Bücher“ zu dem Ergebnis kommt, dies sei …

Ideengeschichte, die lohnt gelesen zu werden. Nicht nur in Zeiten wie diesen. Im Zweifel für die Freiheit!

… komme ich leider über die „deutlichen Längen“ nicht hinaus. Ich habe abgebrochen und nur noch seitenweise hineingelesen in die restlichen Kapitel.

Ich scheine aber recht alleine zu sein mit dieser Meinung, denn auch Sabine Krass kommt auf http://www.tausendléxi.de zu einer anderen Meinung, um nur eine von vielen exemplarisch zu nennen.

Wahrscheinlich ist dies wieder einer dieser Fälle, bei denen mein Motto: „Es gibt für jedes Buch eine bestimmte Zeit“ zutrifft. Vielleicht werde ich in ein paar Jahren „Das Bücherhaus“ begeistert verschlingen – derzeit trifft es bei mir jedoch leider so gar nicht ins Schwarze.

Das Bücherhaus von John Kaag ist 2020 im Verlag btb erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf den Verlagsnamen.

7 Gedanken zu “The philosopher’s story

  1. Danke für die Buchvorstellung sowie die Nachfragen.
    „Ideengeschichte, eine Betrachtungsweise der Geschichte, nach der hinter beziehungsweise in den geschichtlichen Vorgängen, Zuständen und Ausprägungen ideelle Kräfte wirksam sind, die ihre eigene Gesetzlichkeit haben; soviel wie: Geistesgeschichte.“ Aus: Johannes Hoffmeister, Wörterbuch der Philosophischen Begriffe, Verlag Felix Meiner, Hamburg 1955, S. 318
    „Politische Ideengeschichte
    I. Begriff: Der Begriff Politische Ideengeschichte bezeichnet die systematisch-historische Erforschung schriftlicher Zeugnisse der Selbstverständigung des Menschen über seine Stellung in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Der Objektbereich der Politischen Ideengeschichte umfaßt, unter Berücksichtigung aller literarischen Gattungen, die historisch vielfältige Formenwelt der Interpretation der Ordnung des Menschen in Gesellschaft und Geschichte. Für die Politische Ideengeschichte sind auch die Bezeichnungen „Geschichte des politischen Denkens“ und „Geschichte der politischen Theorien“ im wissenschaftlichen Gebrauch, wobei die letztere mit einem unspezifischen Theoriebegriff arbeitet. …“ Jürgen Gebhardt, in: Politik-Lexikon, hg. von Everhard Holtmann, Heinz Ulrich Brinkmann und Heinrich Pehle, R. Oldenburg Verlag, München Wien 1991, S. 463 – 466
    Bitte um Nachsicht: dies ist schon gescheit fachlich; und gleichwohl hab‘ ich Lust, auf die Frage einzugehen. Die Fragen von Platon bis Hannah Arendt und ihre Antworten verstehe ich als Ideengeschichte.
    Und dies macht mich auch etwas neugierig auf das besprochene Buch.
    Danke und Grüße
    Bernd

    Gefällt 1 Person

  2. Jetzt ahne ich es (ohne nachgefragt zu haben). Es wird dort der Klappentext zitiert: „‚Das Bücherhaus‘ ist das, was der Klappentext verspricht: 338 Seiten profunde Ideengeschichte Nordamerikas, …“ Das Nordamerika fehlte mir hier im Kontext – obwohl einem im Moment Nordamerika ja nicht so schrecklich fehlt, man eher zu viel davon hört. Gemeint ist also, wenn ich es recht verstehe, die Geschichte der Ideen (Ideologien?), die in Nordamerika entwickelt wurden. Unter dem Aspekt der Frage, wie konnte es dazu kommen, das wir es jetzt mit einem Trump zu tun haben, ist das Buch ja vielleicht doch interessant und die Liebesgeschichte wirklich eher von sekundärer Bedeutung.

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