Der Store

Rob Harts erster Roman, im Original „The Warehouse“ betitelt, muss sich von dystopieerfahrenen deutschsprachigen Leserinnen (Männer mitgemeint 😉 ) an Marc -Uwe Klings genialem Qualityland messen lassen. So dachte ich zumindet bis ich das Buch in der Hand und angelesen hatte. Hart, der gerade als Verleger bei Mysterious Press arbeitet hat bereits Erfahrungen als politischer Journalist, politischer Kommunikationsmanager (das sind jene Menschen die unangenehme Nachrichten in wohlklingende Euphemismen verpacken) und war bei der Stadt New York im öffentlichen Dienst.

Auch als Autor einer Krimiserie ist er ebenfalls in Erscheinung getreten. Er beschreitet einen anderen Weg als Kling, seine Darstellung eines gesellschaftsumspannenden Shops widmet sich Möglichkeiten die das dem Konzern eröffnet.

Der Gründer des Store Gibson, erzählt seine Lebensgeschichte, den Aufbau von „Cloud“ sowie seine gesellschaftspolitische Utopie die dahintersteckt. Diese ist stark neoliberal, vorgeblich mit Gewissen. Es zählt Leistung.

„Wir leben in einem Zustand der Entropie. Wir kaufen Dinge, weil wir auseinanderfallen und weil etwas Neues uns das Gefühl vermittelt wieder ganz zu sein. Nach diesem Gefühl sind wir süchtig, un ddadurch hat Cloud uns in der Gewalt.“

Weitere Akteure sind Zinnie und Paxton, neue Store Mitarbeiter, die sich nicht nur zum arbeiten  in einer der Motherclouds eingefunden haben, sondern eigene Ziele verfolgen die sich den Leserinnen erst nach und nach erschließen. Das ist spannend gemacht und gut zu lesen.

Nach und nach entblössen sich in Gibsons neuer Welt die Fehler und Probleme, die sich bereits heute ankündigen oder schon bestehen. Der schwache Staat, der aus dem unregulierten Kapitalismus resultiert, und – von seinen Verfechtern, wie Gibson – auch gefordert wird führt zu vernachlässigter desaströser Infrastruktur, ebnet der Ausbeutung des Humankapitals, zwecks Bereicherung einiger weniger die Wege. Unterstützt von Algorythmen wird Menschlichkeit auf Konsum und konsumieren beschränkt. Die Guten sind jene die Arbeitsplätze schaffen, egal was es die Gesellschaft und das Individuum kostet. Es ist die Bequemlichkeit, die die Menschen dieser fiktionalen, potentiellen Zukunft die Errungenschaften kostete wie 40 Stunden Woche, arbeitsfreies Wochenende etc. …

Leicht erfassbar, und gerade dadurch so elegant, hat Autor Rob Hart dennoch einige stilistische Goodies in sein Debüt gepackt und wartet mit unvorhersehbaren Wendungen auf die der Dynamik der Geschichte das gewisse Extra verleihen.

Der Store hat das Zeug zum Klassiker, reiht sich in die Reihe jener Bücher ein, wie Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“, George Orwells „1984“, Ray Bradburys „Fahrenheit 451″ und Janier Larons Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst“, die man gelesen haben muss.

Der Store von Rob Hart ist im September als Hardcover bei Heyne erschienen. Weitere Informationen durch Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.

2 Gedanken zu “Der Store

  1. Naja, es gibt kleine aber feine Unterschiede. Arbeitszeit und Bezahlung sind geregelt, freie Zeiten ebenfalls, es gibt eine große Vielfalt an Jobmöglichkeiten, die in der fiktionären Zukunft nicht mehr vorhanden zu sein scheinen, die Umweltzerstörung ist deutlich weiter fortgeschrittenen. Ich fand es auch gut, wie er das verknüpft und konsequent weitergedacht hat dieses Gegenwart, Zukunftsszenario. Die Lebensweise unterscheidet sich deutlich. Die wenigsten Menschen sind heute der modernen Sklavenhaltung wie im Store unterworfen, gut in den USA sind sie weiter, aber auch dort gibt es Wochenenden und das Gehalt wird nicht in elektronischen Credits verteilt, die dann nur bei dem Laden der dich angestellt hat eingelöst werden können, wobei sie dir zuvor die Miete nach Gusto abziehen. Daher sehe ich keinen Status Quo sondern eine heimlich stattgefundene Umwälzung hin zum Schlechteren. Das heutzutage alles gut ist will ich damit nicht behaupten.

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  2. Zufälligerweise habe ich heute auch drüber geschrieben – in meiner Beurteilung kommt es aber deutlich schlechter weg. 🙂

    Gerade der Punkt der „Probleme, die sich bereits heute ankündigen oder schon bestehen.“ ist es, was mich stört. Hart beschreibt eine Situation, die heute schon sehr ähnlich besteht und verlegt das Szenario in die Zukunft, eben ohne dieses Szenario nennenswert vom heutigen zu unterscheiden. Kurz gesagt ist mir „Der Store“ zu sehr Status quo und zu wenig Vision.

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