Berliner Stadtblatt Nr.30

JohnQube @ pixabay

Katharina horcht. Ist da nicht eben eine Tür im Treppenhaus zugefallen? Im anderen Flügel? Dort, wo seit Corona keiner mehr arbeitet, weil sie sich im Home Office sicherer wähnen.

Die hohen Herrn der Schöpfung, die so selbstverständlich zu Vieles beiseite schieben. Wie zum Beispiel mal an andere zu denken. Oder auch einfach nur mitzudenken und relevante Resultate zu kommunizieren. Oder auch nur einmal „Danke“ zu sagen. Vom schmutzigen Geschirr ganz zu schweigen.

Ist jetzt einer von diesen Heinis mit Perspektive auf Alzheimer ins Haus gekommen, oder nicht? Und wenn ja, warum kann er nicht kurz „Hallo!“ sagen? Ist wohl auch schon zu viel verlangt. Katharina seufzt. Bedenken kommen.

Und wenn es nun doch um geschickte Einbrecher handelt, die es auf Bildschirme und die Kaffeemaschine abgesehen haben? So, wie im Fernsehen?

Immerhin wäre es nicht das erste Mal, daß die Firma in Mitte das Ziel von Langfingern würde.

Und was soll sie dann um alles in der Welt tun? Als einzige Frau im Haus?

Also doch rüber gehen und nachsehen. Sich vergewissern. Katharina spürt eine wohl bekannte Wut in sich aufsteigen. Sicher nicht! Ist doch nicht ihre Firma und somit nicht ihr Kram. Verdammter Mist!

Ist doch nur natürlich, daß ihr unbehaglich zumute ist.

Hätte sie auf ihre Mutter gehört, als diese sie an der Schwelle zur Pubertät bei einem Kung Fu Kurs anmelden wollte, damit sie sich ihrer Haut erwehren könne, ja dann könnte sie jetzt lautlos mit wenigen eleganten Sprüngen zur Tür gelangen und in einem Überraschungsangriff die Tür mit einem Kampfschrei eintreten und wen auch immer mit schnellen Arm- und Fußkombinationen auf den Boden in die Flurecke verfrachten.

Danach würde sie sich sicherlich lässig eine Strähne aus ihrem kaum erhitzten Gesicht pusten.

Pfff. Wozu gibt es denn Telefone?, denkt sich Katharina kopfschüttelnd.

Sollen sich doch die Profis drum kümmern und diesem einbrechenden Kollegen mal die möglichen Konsequenzen in Sachen Maulfaulheit vorführen.

Kurz entschlossen greift sie zum Telefonhörer und wählt die 110.

Es dauert auch nur sechs Minuten, bis sie den beruhigenden Rückruf erhält, daß die Einsatzkräfte nun vor Ort seien und sie nur die Türöffner betätigen soll. Den Rest übernehmen dann die Kollegen vom SEK, meint die beruhigende Stimme am Telefon mit starkem Berliner Einschlag.

Katharina folgt brav den Anweisungen, kann es sich aber nicht nehmen lassen, einen Blick durch den Türspion der geschlossenen Tür zu werfen.

Aber mehr weiß ich auch nicht.

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