Bis zum bitteren Ende

Vor ein paar Wochen gab es auf dem Blog schon einen Post zu einer neuen Reihe im Kiepenheuer & Witsch Verlag, die kleinformatige Bücher zu einzelnen Musikern oder Bands versammeln wird. Die Kiwi Musikbibliothek ist keine Sammlung von Biographien über Musiker im gewöhnlichen Sinn, sondern ein Projekt, dass den Autor*innen völlige Freiheit in der Anlage ihres Textes lässt. Einzig die Prämisse, dass die Texte eine persönliche Leidenschaft bezüglich des oder der Musiker*in / Band erkennen lassen sollten, war gegeben. Vier Bände sind bisher erschienen, drei habe ich bereits gelesen. Drei Bücher, die nicht unterschiedlicher sein könnten und dennoch den roten Faden der Leidenschaft deutlich erkennen lassen. Angefangen habe ich mit den Thees Uhlmanns Buch über die Toten Hosen.

Während ich mir von Uhlmann erzählen ließ, dass sein allererstes Konzert eben eines der Toten Hosen war, zu dessen Besuch er für ihn überraschenderweise sogar die Erlaubnis seines Vaters erhielt, überlegte ich fieberhaft, welches mein allererstes Konzert war. Ich muss gestehen, ich kann es nicht mehr sagen, aber das alleine macht ja eine Lieblingsband nicht aus. Schon gar nicht für Thees Uhlmann. Denn ihn verbinden seit Jahrzehnten viele persönlichen Erlebnisse – auch ganz direkt – mit den Toten Hosen, neben der konkreten Musikrichtung.

Punk – für mich immer ein wenig schwierig einzuordnen. Klar, die Hosen sind Punk, darüber müssen wir nicht reden, auch wenn sie mittlerweile quasi im „Mainstream“ angekommen sind. Und natürlich habe auch ich sie gehört, jedoch eben ohne über die Musikrichtung im Allgemeinen nachzudenken. Eine Zeit lang hörte man sie einfach, zumindest in meinem Dunstkreis – oder modern gesprochen, in meiner Filterblase – weil alle sie hörten. Ob das jetzt noch Punkmusik war, kann ich nicht beurteilen, doch Thees Uhlmann hat seine Beziehung zu den Toten Hosen nie verloren. Seit dem ersten Konzertbesuch bis heute gab es für ihn viele persönliche und auch direkte Begegnungen der Band, die er freimütig, locker und zuweilen auch (selbst-)ironisch zum besten gibt.

Die Leserschaft erfährt viel aus Uhlmanns eigenem Leben und dieser speziellen Verbindung. Wer sich jedoch mehr von einer Bandbiographie – was das Konzept der Musikbibliothek bei KiWi ja gerade nicht vorsieht – erhofft, der wird eher enttäuscht sein. Auch ich hatte so meine Anfangsschwierigkeiten, wusste nicht recht, was Uhlmann mir eigentlich – oder überhaupt – wirklich sagen wollte, doch zum Ende hin wurde es mir dann schlagartig klar: Hier schrieb einer, dessen Lebenseinstellung ganz stark von Punk geprägt ist. Und da gehören in Deutschland nun mal die Toten Hosen ganz eindeutig dazu. Mehrdeutigkeit und Meinungsvielfalt gehören hier genauso dazu, wie das zentrale Moment des Nonkonformismus, was für eine Band dieser Musikrichtung immer dann zum Problem wird, wenn sie große Popularität erreicht. Doch sich davon nicht beeindrucken zu lassen ist wiederum eines Markenzeichen der Hosen.

Tatsächlich findet sich in meinem Besitz auch ein Hosen-Album: Der Ballast der Republik. Ganz großartig dabei finde ich hier die Interpretationen von Liedern und Gedichten, mit denen die Band selbst viel verbindet und die sie auf „Die Geister, die wir riefen“ versammelten. Kästners Stimmen aus dem Massengrab ist hier in einer Version zu hören, die beeindruckender nicht sein könnte.

Auch wenn ich anfangs mit Stil und Inhalt von Uhlmanns Beitrag zur Kiwi Musikbibliothek gefremdelt habe, so hat er mir tatsächlich zum Schluss zu einigen Ernkenntnissen verholfen, durch die ich mehr Lockerheit in meinem Alltag und mehr Verständnis für den für mich bisher so gar nicht zu durchdringenden way of punk erreichte. Und das alleine hat die Lektüre gelohnt.

Thees Uhlmann über die Toten Hosen ist am 10.10.2019 im Verlag Kiepenheuer&Witsch erschienen. Für Information Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder direkt auf der Verlagsseite.

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