Dieses Werk der Autorin im Rahmen der Verlagsreihe tschechische Auslese teilt sich in drei Kurzgeschichten, von denen alle so höchst unterschiedlich sind, dass ich sie unbedingt einzeln betrachten und bewerten muss.
Eines gleich vorweg, Iva Pekárková kann richtig gut schreiben, sprachlich wundervoll fabulieren, einen spannenden Plot konstruieren, auch in der Kürze der Geschichten trotzdem einen Spannungsbogen aufbauen und eine komplette Story mit Startsetting, ausreichender Figurenentwicklung und furiosem Finale konzipieren.
Die erste Geschichte mit dem Namen Beton ist grandios, da finde ich überhaupt keinen Ansatz für die leiseste Kritik. Sie handelt vom verpatzten Leben des Jaroslaw, der sich selbst für ein tapierähnliches Wesen hält und in Marenka bereits in der Schulzeit seine Seelenverwandte gefunden hat. Leider versaut er die Beziehung, weil er betrunken eine Dummheit begeht, die sie ihm nicht verzeihen kann. Bald tröstet er sich mit einer anderen, was in einer lieblosen Beziehung endet, aus der er wegen der Verantwortung für die Kinder nicht mehr flüchten kann. Schritt für Schritt ohne große Katastrophen, sondern mit ganz kleinen Bausteinen, manövriert er sich in eine Situation, in der er letztendlich todunglücklich mit dem Rücken an der Wand steht. Stilistisch hat sich die Autorin auch etwas ganz Innovatives einfallen lassen, was den Leser in den ersten Kapiteln der Geschichte zwar ein bisschen aus dem Konzept bringt, aber punktgenau den Plot unterstützt. Mehr möchte ich nicht verraten, sonst würde ich zu viel spoilern, aber es ist großartig.
Die zweite Geschichte Noch so einer, die titelgebend für diesen Band war, ist bedauerlicherweise fragmentarisch und total unfertig. Kein Plot, kaum Figurenentwicklung, total nichtssagend und das Ende völlig unverständlich. Mir kommt vor, dass sie als kürzeste in diesem Band als Lückenbüßer und unvollendete Skizze mit ihren knapp fünfzehn A5-Seiten nur dazu dient, die Seitenanzahl für die Reihe zu füllen, die für alle Autoren von vornherein fix vorgegeben war. Diese Geschichte war für mich komplett entbehrlich.
Die dritte Geschichte Für immer ein kleiner Junge ist gut, weist als grausame, aber einschneidende Episode im Leben eines Schülers mit Migrationshintergrund einen ausgezeichneten Spannungsbogen auf, hätte aber durchaus in der Tiefe der Figurenpräsentation und der Motivation aller Protagonisten um eine Nuance ausführlicher sein können. Platz wäre genug gewesen, wenn man die zweite Geschichte weggelassen hätte.
Fazit: Für mich war dieses Buch eine qualitativ sehr heterogene Arbeit und eine emotionale Achterbahnfahrt, von totaler Begeisterung über völlige Enttäuschung bis zu wohlwollender Anerkennung. Da die Autorin aber wirklich gut zu schreiben vermag, werde ich auf jeden Fall in Zukunft eines ihrer anderen Werke, z.B. Taxi Blues, das bereits verfilmt wurde oder Truck Stop Rainbows in Angriff nehmen. Auf jeden Fall bin ich froh, dass ich Iva Pekarovas Buch kennenlernen durfte, alleine schon wegen der ersten Kurzgeschichte habe ich es nicht bereut. Es war eine ausgezeichnete Idee der Leipziger Buchmesse, den Fokus der Leser durch die Wahl des Gastlandes 2019 mal auf Tschechien zu legen.
Noch so einer von Iva Pekárková ist 2019 im Verlag Wieser in Hardcover-Ausgabe im Rahmen der Reihe Tschechische Auslese erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite.