Space oddity

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In der vergangenen Weihnachtszeit arbeitete ich aushilfsweise in unserer wunderbaren lokalen Buchhandlung und kam so in den Genuss, ein paar Vorabexemplare für die Buchhändler zu beschnuppern. Über Weihnachten 2017 habe ich das vorliegende Buch „Miss Gladys und ihr Astronaut“ gelesen. Erst im Juni 2018 darf die Rezension dazu erscheinen – eine lange Zeit! Ein komisches Gefühl – so eine lange Wartezeit hatte ich noch nie. Natürlich schreibe ich lieber jetzt sofort über das Buch, denn in ein paar Monaten wird die Erinnerung nicht mehr so frisch sein an die wunderschöne, herzerwärmende Geschichte. Zu viele andere, ebenfalls beeindruckende Bücher werden sich darübergelegt haben in meinem Gedächtnis. Was aber sicherlich lange bleiben wird, ist das positive Gefühl, allein, wenn ich das Cover sehe! Und dabei beginnt alles durchaus verhalten und wenig überzeugend!

Nach den ersten zwanzig, dreißig Seiten war ich kurz davor, das Buch gähnend aus der Hand zu legen, weil es mir zu banal, zu oberflächlich erschien. Die Story merkwürdig, ohne wirklichen Plan. Doch dann, ich kann es nicht festmachen auf welchen Seiten genau, nimmt es heimlich und plötzlich an Fahrt auf und belohnt einen um ein Vielfaches für den lahmen Beginn mit einer wirklich mitreißenden Geschichte.

Thomas Major („Major Tom“) ist griesgrämig, Single und Chemiker. In die Position des Astronauten ist er zufällig hineingeschliddert, weil er zum entscheidenden Moment am richtigen (oder doch falschen?) Ort war. Und nun ist er tatsächlich unterwegs in einer Mission im All. Er fliegt zum Mars – den soll er erforschen und bepflanzen und, so möglich, bewohnbar machen.

Durch einen Irrtum kommt er über sein Iridiumtelefon in Kontakt mit der in Nordengland lebenden Gladys Ormerod. Sie ist Großmutter, auf dem direkten Weg in die Demenz, aber in Summe vor allem liebevoll und pragmatisch zupackend.

Sie soll auf ihre Enkel Ellie und James aufpassen, doch in Wirklichkeit managen die beiden alles alleine und betreuen vor allem ihrerseits die zunehmend verwirrte Gladys. Die Mutter der Kinder kam vor wenigen Jahren unverschuldet bei einem Autounfall ums Leben, der Vater sitzt derzeit wegen eines kleineren Delikts im Gefängnis. Dass die Großmutter immer unfähiger ist, sich um die Kinder zu kümmern, weiß keiner und die Kinder tun auch alles, um dies geheim zu halten. Die Teenager-Enkelin Ellie ist klug genug zu ahnen, dass sie dann als Familie nicht mehr zusammensein könnten. Also leben die Kinder in der täglichen Angst, das Sozialamt könne auf ihre prekäre Situation aufmerksam werden. Das Geld wird immer knapper, obwohl Ellie neben der Schule mehrere Nebenjobs jongliert und kaum noch zum Schlafen, geschweigedenn zum Lernen kommt, und auch sonst läuft nichts mehr wirklich rund: James wird in der Schule gemobbt, Großmutter Gladys überweist in einem verwirrten Moment das restliche Geld einem freundlichen Prinzen aus Nigeria, der sie per E-Mail um eine Spende gebeten hat, und Ellie muss neben ihren Jobs auch noch ein Schulprojekt mit einem äußerst nervigen Mitschüler bearbeiten. Nach und nach entpuppt sich dieser Junge jedoch als wahrer Engel – und es ist ein Glücksfall für Ellie, dass Delil in ihr Leben getreten ist, denn der eloquente Kerl ist Gold wert!

Und auch „Major Tom“, weitab in fernen Galaxien unterwegs, ist ganz nah dran am Geschehen im Hause der Familie Ormerod. Und aus seinem Raumschiff gelingt ihm, was er auf Erden nie schaffte: Empathisch zu sein, freundlich und umsichtig zu agieren, Verantwortung zu übernehmen und andere Leben auf positive Weise zu beeinflussen.

Entgegen des äußerst flachen und langweiligen Anfangs gewinnt das Buch immer mehr an Tiefe, die Handlungsstränge verdichten sich und fügen sich zu einem stimmigen Ganzen.

Ein rührender, emotionaler Schmöker – echter, guter Buchstoff 🙂

Buchdetails:

  • Aktuelle Ausgabe: Mai 2018
  • Verlag: Ullstein
  • ISBN: 9783548289540
  • Klappenbroschur: 416 Seiten

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