Dieses Grundlagenkochbuch fast ohne Rezepte nimmt sich im zweiten Teil unter dem Titel: Mehl Milch & Ei alle Mehlspeisenteige, Nudelteige, Milchprodukte, Eier, Eiscremes, Glasuren und Schokoladeüberzüge vor – also alles rund um den Teig von süß bis sauer.
Dabei werden wieder mal wichtige Basics vermittelt, die wahrscheinlich nicht jedem bekannt sind. Zum Beispiel wird im Kapitel Mehl bezüglich Schädlinge thematisiert, warum die Lebensmittelmotten nur in gesunden Mehlsorten zu finden sind und auch noch welche Mottenart im Detail (mit Bild) sich in unseren Küchen tummelt. Sogar das heutzutage wenig bekannte Mutterkorn hat von der Autorin ein Kapitel bekommen.
Ausgehend von den Mehlsorten und Mahlgraden geht es nach der Lagerung von Mehl, zu den Backtriebmitteln, der Hefe und anschließend zu den Teigen. Bei der Präsentation der Teigarten war zwar manchmal die Strukturierung des Inhaltes nicht ganz logisch, aber inhaltlich ist fast alles da und die Grundlagen werden von Anfang an für den Laien sehr gut erklärt.
Beim Mürbteig fehlt bedauerlicherweise die Bezeichnung 1-2-3-Teig und die genaue Erklärung für den Namen. Das Wissen über diese Hintergründe würde das Backen ohne Rezept möglich machen und wäre auch genau im Stil des Buches. Bei anderen Teigen, wie zum Beispiel dem Gleichschwerteig wird diese Chance genützt und das Backen ohne Rezept genau so erläutert.
Wie schon im ersten Teil dieser Reihe bestehen auch in diesem Band wesentliche inhaltliche Schwachpunkte im Bereich moderner, veganer Küche. Die Autorin kümmert sich überhaupt nicht um dieses Thema, was ich bei einem Grundlagenkochbuch, das im Jahr 2019 verlegt wird, als fatalen Fehler empfinde. Zum Beispiel fehlen beim Schlagobers milchfreie Ersatzalternativen und wie man diese steif bekommt, denn das ist wirklich eine Wissenschaft, wie ich aus eigener schmerzlicher Erfahrung als Kuhmilchallergikerin weiß, die hin und wieder gute, aber auch schöne Torten, Rouladen und Cremes essen möchte. Genauso fehlt auch bei pflanzlichen Michalternativen, die zwar so nebenbei erwähnt werden, die Beschreibung der Eigenherstellung von z.B. Mandelmilch. Wie man Joghurt selbst macht, wurde hingegen genauestens erklärt. Insofern ist dieses Kochbuch aus dem Jahr 2019 bedauerlicherweise im letzten Jahrhundert steckengeblieben. Auch wenn ich keine Veganerin bin, ist mir klar, dass solche Inhalte einfach in ein Grundlagenkochbuch heutzutage hineingehören.
Abgesehen von den kleinen strukturellen Schwächen und den paar fehlenden Inhalten finde ich diesen Band ganz hervorragend.
Fazit: Für Kochanfänger und vor allem auch für Backphobiker ein ausgezeichnetes Grundlagenbuch, das auf jeden Fall geeignet ist, Amateuren durch gute Beschreibung der Techniken und Basics, die Angst vor dem Ausprobieren zu nehmen.
Mit dem dritten Band der Reihe zum Thema Obst und Gemüse habe ich aus mehreren Gründen enorme Probleme. Das beginnt bei fehlender Regionalität, geht über das Ignorieren von nachhaltigem saisonalen Konsum und endet auch beim Fehlen von wesentlichen Haltbarmachungstechniken.
Zuerst werden zwar ein paar Apfelsorten – vor allem die nicht regionalen wie Golden Delicious – beschrieben, aber regionale Kartoffel- und Tomatensorten werden nicht einmal erwähnt. Es ist eine Schande, wenn in einem so dicken Buch Kartoffeln nur in fest kochend, vorwiegend fest kochend und mehlig unterteilt werden und der Autorin zu den Sorten überhaupt nichts eingefallen ist. Auch bei den Tomaten beschränkt sich die Darstellung auf Rispentomaten, Fleischtomaten, Cocktailtomaten und Dosentomaten, von unterschiedlichen Kürbissorten will ich gar nicht mehr sprechen.
Weiters gibt es überhaupt keine Tabelle, zu welcher Zeit welches Obst und Gemüse eigentlich Saison hat, ist ja ohnehin egal, die Lebensmittel kann man ja das ganze Jahr immer und von überall her mit höchstem CO2-Ausstoß zu uns nach Europa karren. Essen wir eben Erdbeeren aus Japan im Dezember, Spargel aus Peru im Februar, und so weiter, pfeifen auf unseren Planeten und auf eine saisonale und regionale Ernährung.
Also bitte, wenn in einem ganzen Buch über Obst und Gemüse kein Platz oder Wille zu einer regionalen Sortenaufzählung und einer Saisontabelle von jedem Obst und Gemüse ist, dann kann man diesen Band zu Zeiten des Klimawandels sofort metaphorisch in die Tonne treten (er müsste natürlich ordnungsgemäß entsorgt werden). Sogar Katharina Seiser hat in ihren Kochbüchern immer regionale Sorten beschrieben und Saisontabellen zusammengebracht, obwohl ihre Werke vor Rezepten strotzen und Grundlagen nur ein kleiner Teilbereich sind. Selbst auf wenigen Seiten geht sich das aus, also müsste eine ausführliche Behandlung dieser Themen in einem Grundlagenkochbuch selbstverständlich sein.
So geht es munter weiter. Dass man Artischocken auch selbst einkochen und einrexen (benannt nach dem gleichnamigen REX-Glas) kann, ist nicht mal eine Erwähnung wert. Die prinzipielle Technik des Einkochens und Einrexens von Gemüse und pikanten Obstchutneys ohne Zucker habe ich zudem nirgendwo gefunden.
Es fehlen auch kalte Suppen Gazpaccios aus Obst und Gemüse wie zum Beispiel Melonen, Tomaten, Gurken und Avocados… .
So, nun beende ich mein Lamento beziehungsweise die Aufzählung, was in diesem Buch alles falsch läuft und inhaltlich fehlt und komme gleich zu einer diesmal vernichtenden Beurteilung.
Fazit: Ich empfehle, diesen Teil nicht zu kaufen. Er ist total entbehrlich.
Kochbuch ohne Rezepte Band 2 Mehl Milch und Ei und Band 3 Obst und Gemüse von Ingrid Andreas sind 2019 im Verlag Anton Pustet als Hardcover erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das jeweilige Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite. Meine Besprechung zu Band 1 Küchenpraxis findet ihr hier in diesem Blog