Teuflische Gier nach Gold und ewigem Leben

Was für ein rasanter Genremix aus moderner Abenteuerschnitzeljagd und historischem Roman gewürzt mit ein paar Science Fiction- bzw. Fantasy-Anteilen.

Hendrik Busske, kleiner Angestellter einer Investmentfirma mit eigenem Börsenfonds, soll sein erstes Geldanlageseminar in Zürich halten. In einem Antiquariat, in dem er die Zeit bis zu seinem Seminar totschlägt, lässt er ein historisches Büchlein aus dem 13. Jahrhundert mitgehen, in dem es um den Versuch des Alchimisten John Scoro geht, durch den Stein der Weisen Quecksilber in Gold zu verwandeln. Diese Aktion löst eine Kette von Ereignissen aus, die Hendrik immer weiter in den Sog der historischen Alchimie hineinzieht. Der Roman beginnt kurz vor dem Jahr 2000 und schwenkt durch weitere mittelalterliche Schriften auch immer wieder zu den Alchimisten John Scoro und seinem Gehilfen Mengedder.

Perfekt werden hier wieder mal wissenschaftliche Fakten, Geschichte und Fiktion, Gegenwart und Vergangenheit zu einem derart dichten Netz miteinander verwoben, dass es für den Leser schwierig wird, die Trennlinie genau zu ziehen. Ich habe die mittelalterliche Alchimie, die ich bisher immer eher ins Reich der Magie und Esoterik eingeordnet habe, völlig falsch eingeschätzt. Die Alchimie, aus der in der Neuzeit die moderne Medizin und Chemie bzw. Materialwirtschaft hervorging, hatte mehr etwas mit Experimentalwissenschaft zu tun als mit einer verschworenen quasireligiösen Gemeinschaft, diesbezüglich wurde sie von der katholischen Kirche sehr nachhaltig diskreditiert. Die Suche der mittelalterlichen „visionären Wissenschaftler“ nach der Umwandlung von bestimmten Metallen zu Gold, das Streben nach dem Stein der Weisen und dem ewigen Leben hat definitiv sehr viel mit den Zielen der modernen Forschung zu tun. Ersteres funktioniert bereits tatsächlich mit Quecksilber und Platin durch große Strahlung z.B. in einem Teilchenbeschleuniger, an den anderen Zielen arbeiten auch heutige Forschungsabteilungen der Medizin, Computerwissenschaft und Kybernetik fieberhaft.

Eschbach übermittelt dem Leser aber wie immer auch eine Botschaft. So wie die Gier nach Gold und ewigem Leben die mittelalterlichen Fürsten und ihr Gefolge, für die Scoro und Mengedder arbeiteten, ins teuflische Verderben und damit in den Tod stürzte, so verändert sich auch Hendrik Busske im Roman schleichend und kann in seinem rastlosen Streben nach mehr Reichtum, Erfolg, jungen Frauen und ewiger Jugend nicht das Glück, das er tatsächlich besitzt, genießen. In einem atemberaubenden Showdown werden dem Leser die wahren Werte und Vorteile unseres endlichen Lebens sehr plastisch vor Augen geführt.

Fazit: Ein furioser Pageturner, der kaum aus der Hand zu legen war mit liebevoll entwickelten Figuren und adäquater Sprache. Weiters ein Buch, bei dem ich wieder sehr viel gelernt habe und das mir neue Aspekte bzw. Interpretationen von allseits bekannten historischen Fakten vermittelt hat. Wer dieses Genre gerne liest, wird begeistert sein.

Buchdetails

  • Aktuelle Ausgabe : 09. September 2016
  • Verlag : Bastei-Lübbe
  • ISBN: 978-3-785-72568-9
  • Gebunden: 511 Seiten

2 Gedanken zu “Teuflische Gier nach Gold und ewigem Leben

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