Die ScienceBusters sind in Österreich seit 2007 sehr berühmt und quasi die coolste Science Boygroup aller Multiversen. Sie bringen Lesern, Hörern und Sehern Physik und andere Naturwissenschaften auf verständliche Weise bei und würzen alles auch noch mit einer gehörigen Portion Humor. Entstanden sind sie tatsächlich auf den Wiener Universitäten. Ein Physikprofessor und ein Assistent hatten diese laaaangweiligen Vorlesungen satt, taten sich konspirativ zusammen und haben zusätzlich einen bekannten Kabarettisten eingeladen, die an sich trockene Materie mit Witz zu verfeinern.
Eine Besonderheit ist, dass die Busters komplexe Vorgänge nicht nur einfach, wie der Volksmund sagt, quasi mit Äpfel und Birnen erklären, das tun auch andere populärwissenschaftliche Bücher, sondern sie bringen zur Erklärung naturwissenschaftlicher Vorgänge auch durchaus mal sehr kuriose Analogien wie aus der Kulinarik. Beispielsweise erklären sie die Ausdehnung von Sternen und die Roche Grenze mit der Herstellung von Popcorn und der Vernichtung von Monstern in Horrorfilmen, indem man sie bei gleichbleibender Masse so groß macht, dass sie ihre Atome nicht mehr zusammenhalten können. Wenn die ScienceBusters live on stage als Physikkabarrett operieren, wird das Ganze auch noch mit aktuellen Themen und wahnwitzigen Live-Experimenten kombiniert. Also wenn sie mal in Eurer Nähe gastieren (mittlerweile marodieren sie auch durch Deutschland), schaut sie Euch an, ein Abend lohnt sich! Termine findet Ihr hier.
Nun zurück zur Buchform. Hier wird sehr vergnüglich und strukturiert diese Scheißgegend von Universum von Innen (unser Sonnensystem) bis Außen (unsere Galaxie) bis Jenseits (in den unendlichen Weiten) auf die oben beschriebene ScienceBuster-Art aufgerollt. Ich habe mich dabei wirklich prächtig amüsiert und plötzlich hielt ich inne und bemerkte: „Verdammt, da habe ich doch tatsächlich en passant extrem viel gelernt.“ Hier ein paar Beispiele, die mir besonders gefallen haben:
- Einen Asteroidengürtel zu durchfliegen, ist sehr einfach, denn es gibt – im Gegensatz zu den filmischen Darstellungen – in der Realität sehr viel Raum und sehr wenige Asteroiden.
- Es gibt seit 2000 tatsächlich ein internationales Komittee aus Wissenschaftlern, das gegen die potenziellen Gefahren der Mikroben vom Mars mobil macht.
- Die phonetische Nachricht auf der Voyager von Dr. Kurt Waldheim weist neben der Nazivergangenheit des Sprechers auch eine humoristische Komponente auf. Waldheim sprach, wie viele ältere Österreicher, ein sehr übles Austrian Inglis, das in Zukunft als phonetische Lautpause für alle extraterrestrischen Englischkurse dienen könnte 😀
- Auf dem Jupiter und dem Saturn regnets Diamanten und es gibt einen Planeten, der halb so groß wie Jupiter, ein einziger Solitär Diamant ist.
- Irgendwo nahe der Mitte der Milchstraße riecht es nach Erdbeeren, Rum und Schnaps (Ihr fragt Euch jetzt, wie man das wissen kann, auch das wird genau erklärt).
Nebenbei hat das Buch aber beispielsweise auch Einsteins bekannte Formel e=mc² – das Verhältnis von Masse, Energie und Impuls – so gut und einfach erklärt, wie ich es noch nie gesehen habe und die Problematik der Dreikörperberechnung sehr einfach dargelegt. Herrlich!!!
Zwei winzige Kritikpunkte habe ich aber trotzdem noch, aber das ist tatsächlich Jammern auf einem interstellaren Niveau. Der erste zielt auf die Kehrseite der Stärken im Sachbuch. Dadurch, dass alles sehr einfach und mit ungewöhnlichen Mitteln erklärt wird, kommt man manchmal vom Hundertsten ins Tausendste, und ich hielt tatsächlich zwei bis dreimal inne und fragte mich: „Wie zum Teufel sind wir innerhalb von einer Seite vom Mars auf das Kochen von Hummer gekommen, und warum wird mir noch erklärt, wie ich mir selbst mit einem Bleistift in einem gefährlichen Experiment mein Geruchsorgan endgültig zerstören kann.“ Dann schmunzelt man, wundert sich und kommt darüber grinsend hinweg.
Der zweite Kritikpunkt betrifft die Methoden von intergalaktischen Reisen am Ende des letzten Abschnittes. Hier wird leider viel zu kurz nur auf die aus heutiger Sicht realen physikalischen Möglichkeiten eingegangen. Da hätte ich mir wirklich gewünscht, dass die zentralen Ideen heute gängiger Science Fiction Stories ein bisschen auf ihre potenzielle Realisierbarkeit abgeklopft werden. Wollte immer schon von einem Physiker wissen, unter welchen Umständen und mit welcher Wahrscheinlichkeit der WARP-Antrieb der Enterprise, das WURMLOCH von Babylon 5, die Faltung des Raumes mittels Holzmann Generatoren aus Dune und der Unwahrscheinlichkeitsantrieb von Douglas Adams funktionieren oder nicht funktionieren könnten. Das habe ich aber dann im Internet hier nachgelesen
Fazit: Geniales Buch über unser Universum, generiert Wissen, ist einfach erklärt und unterhält grandios. Eine absolute Leseempfehlung von mir.
Buchdetails:
- Aktuelle Ausgabe : 28. September 2015
- Verlag : Hanser Verlag
- ISBN: 978-3-44644-477-5
- Fester Einband : 328 Seiten
Abseits dazu noch eine Rezension zum gleichnamigen Hörbuch. Leider musste ich es abbrechen. So sehr ich Maria Hofstätter als Schauspielerin schätze, eine derart enthusiastisch aufgeregte Präsentation des naturwissenschaftlichen Stoffes ist für meine Ohren einfach nicht auszuhalten, es nervt mich unsäglich. Dies ist umso trauriger, weil das letzte Buch von den ScienceBusters von Harry Rohwohlt in seiner sonoren Stimme großartig vorgetragen wurde und mir extrem gut gefallen hat. Nun, Harry steht für neue Schandtaten als Sprecher leider nicht mehr zur Verfügung, aber man hätte eine ähnliche Stimme und Persönlichkeit nehmen können. Spontan fallen mir dazu Dieter Moor und Frank Hoffmann ein. Wenn ich wählen müsste, würde ich mich auf jeden Fall für das Buch anstatt das Hörbuch entscheiden.
Hörbuchdetails:
- Aktuelle Ausgabe : 5. Oktober 2015
- Verlag : der Hörverlag
- ISBN: 978-3-84451-938-9
- Audio CD : 308 Minuten 4 CD