Das Leben in Zeiten fallender Kurse und alternder Literaturpäpste

Das ist so ein Roman, der vordergründig durch die Geschichte völlig unprätentiös daherkommt, die ohne Schnörkel ganz alltäglich und leise beginnt…..

Die Schicksale dreier Menschen, die unter normalen Umständen nie persönlich etwas miteinander zu tun hätten, ein alternder berühmter amerikanischer Autor mit Schreibblockade, seine deutsche Übersetzerin und ein deutscher Börsenmakler, der in Chicago arbeitet, werden derart gekonnt miteinander verknüpft, dass es eine Freude ist. Alle drei verhalten sich plötzlich ganz anders als bisher und ändern ihr Leben abrupt und rigoros, was zwangsläufig zuerst kleine Kalamitäten verursacht und letztendlich in einem totalen persönlichen Chaos mündet. Der Autor webt zudem im Roman ein komplexes, spannendes, witziges Dreiecks-Beziehungsgeflecht, in dem sich die handelnden Personen auch noch gegenseitig massiv ins Leben pfuschen.

Normalerweise mag ich es ja gar nicht, wenn beispielsweise in einem Thriller die Handlungsstränge so angeordnet sind, dass Kommissar Zufall den Plot massiv beeinflusst. In dieser Geschichte werden die Zufälle derart inflationär und auch selbstkritisch augenzwinkernd eingesetzt, dass es eine Freude ist, dem Autor dabei zuzusehen, was er sich jetzt wieder gegen alle Wahrscheinlichkeiten einfallen lässt. Irgendwie funktioniert die Story so perfekt wie das Raumschiff mit Unwahrscheinlichkeitsantrieb in Douglas Adams Hitchhikers Guide to the Galaxy.

Die humorigen Verirrungen, Verwirrungen und Katastrophen schwellen stetig an und gipfeln in einem desaströsen, gleichzeitig erfolgreichen Finale, Börsencrash, Pulitzerpreis und jede Menge Opfer als Kollateralschaden inkludiert (die haben es ohnehin verdient). Die liebevolle Figurenkonzeption der zockenden geldgeilen Aktienhändler und der eitlen Fatzken des Literaturbetriebs mit Gesellschaftskritik als Zusatzbonus verleihen der Geschichte weiters eine gehörige Portion Ironie. Auch der Wortwitz ist nicht schreiend komisch à la Schenkelklopfmentalität angelegt, sondern subtil und mit feiner Klinge geführt.

„Also kippte ich mit den Jungs ein paar Guinness. Sie redeten über Handys, Heimkinos und Sportwagen, denen Sie das Recht auf einen komplizierten Charakter zubilligten. Im Gegensatz zu Frauen.“

Ein paar klitzekleine Kritikpunkte gäbe es noch, da der Start in die Story etwas mehr Tempo verdient hätte und weil die allerletzte Szene mit Regine viel besser hätte sein können – das ist einfach kein würdiger Abschluss für so ein witziges Buch. Ansonsten kann ich nur ein Fazit aussprechen: Eine positive Überraschung und absolute Leseempfehlung.

Buchdetails:

  • Aktuelle Ausgabe: 15. August 2011
  • Verlag : Goldmann
  • ISBN: 978-3-442-47459-2
  • Taschenbuch : 282 Seiten

3 Gedanken zu “Das Leben in Zeiten fallender Kurse und alternder Literaturpäpste

  1. Danke für das AufpeppLob 🙂 – das mit dem Ende war eigentlich Kritik auf hohem Niveau, aber ich hätte mir irgendwie gewünscht, dass es Meike dieser dämlichen Bobo-Tussi irgendwie zeigt – Literarisch bin ich immer auf Auge um Auge Zahn um Zahn eingestellt 😉

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  2. Passiert mir selten, dass eine Rezension ein Buch nachdem ich es erst kürzlich gelesen habe noch mal „aufpeppt“ . Diesmal geschehen, abgesehen vom Ende, mit dem ich zufrieden war. Womöglich von den Zufällen bereits eingelullt.

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