Die Parabel der Talente

So wenig eingängig der Titel ist, so schwer habe ich mich mit diesem Roman getan. Es lag nicht daran, dass es eine Fortsetzung der „Parabel vom Sämann“ ist, sondern an der Darreichung. Dabei las sich der Roman anfangs ganz locker.

Weitsichtig sogar, denn Octavia E. Butler veröffentlichte ihn bereits 1998 und sah damit Populisten wie Trump und Konsorten weit voraus. Butler die mit dem Hugo- und dem Nebula-Award ausgezeichnet wurde gilt als eine der wichtigstens amerikanischen Autorinnen des 20. Jahrhunderts.

Die Geschichte die erzählt wird findet im Jahr 2032 statt. In den USA, die gespalten sind wie nie, in denen es wieder Sklaven gibt, die sich aus den Armen rekrutieren, es gibt Milizen, der aussichtsreichste Präsidentschaftsbewerber ist ein christlich fundamentaler Rassist der zu Gewalt gegen Andersdenkende öffentlich aufruft. Öffentliche Bildung ist schon längst nicht mehr erhältlich, indoktrinationsfreie ebenfalls nicht. Das um sich greifende Analphabetentum ist politisch gewollt. Die meisten Menschen versuchen einfach nur noch ihr Überleben zu sichern. Eine davon ist Asha Vere, die Tochter von Lauren Oya Olamina deren Geschichte im Vorgängerband erzählt wurde. Asha stützt sich auf die Quasireligion ihrer Mutter deren Gruppierung sich Earthseed nennt und damit begann mein zunehmendes Unbehagen mit diesem Roman, dessen Vorgänger John Green eindrücklich empfiehlt und quasi gleichsetzt mit Margaret Atwoods „Der Report der Magd“ und George Orwells „1984“.

Dabei erzählt die Autorin gut, verwendet in ihrer Ich-Erzählung Erinnerungen und Berichte um die davor geschehenen Ereignisse die zu diesem katastrophalen Niedergang der USA und deren Demokratie führten. Auch die Beschreibungen der Lebensumstände bringen die Geschichte voran, doch die Elegien die es zu Earthseed gibt, dieser Religion die behauptet keine zu sein, sondern ein Glaubensbekenntnis um zu überleben sind, für mich hanebüchen blöde. Es mag zutreffend sein, dass es etwas geben muss, das die Menschen vereint, Gemeinschaft herstellt und Werte und Normen, die komplett in den vorherigen Wirren verlorengingen, aufrecht zu erhalten, aber es war ermüdend und nervtötend zu lesen. Immer wieder überraschte mich dieser Roman mit großartigen Gedankengängen und Herleitungen. Doch so hellsichtig und ausführlich dieses zukünftige Amerika beschrieben wird, so lästig sind die pseudoreligiösen Litaneien rund um Earthseed. Ich muss zugeben, die Parabel der Talente nicht zu Ende gelesen zu haben. Mein Widerwille war zu groß, auch auf die Gefahr hin, ein wichtiges Stück amerikanischer Literatur zu versäumen. Halte ich es dennoch für ein lesenswertes Buch? Tatsächlich ja, für Menschen die sich leichter damit tun diese Earthseedgedanken zu goutieren, das war mir leider nicht möglich. Doch wer sich für den Niedergang und Neuaufbau von Gesellschaften interressiert sollte es unbedingt lesen und, wie ich vermute auch den Vorgänger, „Die Parabel vom Sämann“.

 

Die Parabel der Talente von Octavia E. Butler ist im März 2024 als Klappenbroschur bei Heyne erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.

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