Bruno Courrèges ist mir als Chef de police von St. Denis ans Herz gewachsen, das weiß jeder, der meine Rezensionen zu Martin Walkers bisher auf sechs Bände angewachsenen Krimireihe um Mord und Totschlag im Périgord kennt. Ans Herz gewachsen ist er mir, weil er zwischen Recht und Gerechtigkeit genau zu unterscheiden weiß und dies immer in seine durchaus unorthodox zu nennenden Handlungen einfließen lässt. Er lebt in einer der schönsten Gegenden Frankreichs, die ich persönlich auch als sehr kraftvoll kennen lernen durfte. Neben der Gastfreundschaft der Périgourdins zeichnet sich dieser Landstrich vor allem durch seine landschaftliche und kulinarische Vielfalt aus. Egal ob Fisch, Gemüse oder Wein – alles ist hier von hervorragender Güte. Die produits artisanaux findet man auf den Wochenmärkten der Gegend, wo sich Einwohner und Touristen mit den besten Zutaten für ihren Bedarf eindecken können. Regional und saisonal. Vielfalt und Miteinander bestimmen die lebensfrohe Atmosphäre.
Martin Walker, der Autor der Bruno-Krimireihe, lebt seit einigen Jahren zusammen mit seiner Frau im Périgord und ist dank seiner Nachbarn und Freunde in der glücklichen Lage, an einem regen Austausch von kulinarischen Köstlichkeiten und Rezepten zu deren Verwertung teilhaben zu können. Hier wird alles verwertet und nichts vergeudet. Eine reichliche Ernte wird geteilt und wenn nicht sofort verbraucht, haltbar gemacht. Um die Vielfalt des Périgords einfangen und genießen zu können, braucht es großes Wissen und viele helfende Hände.
Und genau darum geht es in diesem außergewöhnlichen Kochbuch. Nicht die Zutaten, nicht die Jahreszeiten sondern die Tätigkeiten oder Berufe die diese Zutaten bereitstellen sind das sturkturgebende Element. Hier gibt es Porträts vom Maraîcher (Gemüsebauern) über den Pêcheur (Angler), den Ramasseur (Sammler) und und und bis hin zum Boulanger (Bäcker) – jeweils mit einem ausführlichen vorangestellten Text, der kenntnisreich und unterhaltsam eine Art Warenkunde bietet – reichlich und atmosphärisch bebildert. Wehmütig könnte man werden, in Berlin sitzend, ohne eigenen Garten, wenn man die schlichte Schönheit der Landschaft und dieses naturverbundene Leben so präsentiert bekommt.
Die wirklich gut beschriebenen Rezepte – auch Rezepte muss man schreiben können – wurden liebevoll mit Tipps von Bruno, dem kochenden Chef de police, versehen und verlockend mit appetitanregenden Fotos in Szene gesetzt.
Wer Bruno bisher nicht kennt, kann sich in zwei am Ende des Buches beigefügten kleinen Geschichten mit ihm bekannt machen. Aber man muss kein Fan von Bruno oder von Martin Walkers Krimis sein, um an diesem wahren Schmöker Freude zu haben. Es ist bestens geeignet, um sich Anregungen für die eigene Küche zu holen oder genau nach Rezept nachzukochen. Veganer allerdings werden nicht glücklich werden mit den tradtitionell-modernen Gerichten.
Mein Sohn (ein sechsjähriger Gourmet mit Hang zum Gourmand) hat bereits sein Lieblingsgericht entdeckt und mit mir nachgebacken: Moelleux au caramel – Warme Karamellküchlein mit flüssigem Kern … ich glaube, mehr muss ich nicht sagen, außer vielleicht: Ein ideales Geschenk für Menschen, die mehr als nur ein Kochbuch zur französischen Küche möchten.
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe: Oktober 2014
- Verlag: Diogenes Verlag
- ISBN: 978-3-257-06914-3
- Leinen, gebunden: 320 Seiten
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