Wenn die Fassade bröckelt

Ein Haus am Meer. Tosende Wellen, der raue Atlantik vor der Tür, Strand, Sonne. Idylle pur.

74 ist Ada und seit einem Sturz schmerzt es hier und da und an manche Stellen besonders. Die Kinder sind groß und alles wäre soweit gut, doch ihr Mann Leo ist verstorben und hat eine schmerzende Lücke hinterlassen. Überall, wo sie sich bewegt, erinnert sie sich an die gemeinsame Vergangenheit. Das ist in Deutschland so wie in Frankreich. Doch das gemeinsame Haus an der Atlantikküste hat einen besonderen Stellenwert in ihrem Herzen und als sie nun zum ersten Mal alleine dorthin zurückkehrt, fallen der selbstbewussten Dame ihre eigene Gebrechlichkeit mehr denn je auf, ihr Alter, ihre Jugend, die dahin ist und mit ihr all die Möglichkeiten, die es mal gab.

Einmal noch möchte sie eine große Feier ausrichten an diesem Ort, denn nicht nur Ada und ihr Körper sind hinfällig, auch das Haus ist dem Untergang geweiht. Der Atlantik frisst sich immer mehr in die Küstenlandschaft ein, spült Meter um Meter Sand und Dünen in seinen Schlund, nimmt alles mit, was daran hängt. Das Haus hat keine lange Halbwertszeit mehr.

Von jetzt auf nachher lädt Ada die Kinder mit Anhängseln ein und löst damit bei diesen, ohne es wirklich zu merken, ziemlichen Stress aus, denn alle 3 Töchter haben ihre eigenen Päckchen zu tragen, größere, kleinere Krisen und vor allem das Nesthäckchen, das schon immer schwierig war, läuft wieder zur „hysterischen Hochform“ auf.

Als Ada in „Les Vagues“ ankommt, ist sofort ihr alter Freund Vincent da, der ihr und Leo immer ein treuer Gefährte war, immer an ihrer Seite weilte. Schnell merkt man, dass es zwischen den beiden knistert – doch ist das eine Liebe im Alter, die aus Freundschaft erwächst oder ist da schon länger eine Verbindung, von der keiner wusste?

Je länger man Ada begleitet, umso verworrener sind die Einblicke, die uns die Erinnerungen an alte Zeiten darbieten. Bald ahnt man, dass hier weniger Idylle war, als gedacht, viel Show, dass hier eine, nämlich Ada, die Zähne knirschend zusammenbeißen musste, um das Projekt „Familie“ so zu erhalten, wie es ursprünglich mal gedacht gewesen war. Viel einstecken musste sie und lernen, auch mit dem nicht perfekten Alltag zurechtzukommen. Doch das eigentliche Drama entpuppt sich, als die Geschichte der jüngsten Tochter von Grund auf beleuchtet wird und nichts mehr ist, wie es zu sein schien …

„Adas Fest“ hat mich hineingezogen in eine Geschichte, die so ganz anders wurde, als ich dachte. Nicht immer mochte ich, was ich lesen musste, nicht alles erschien mir plausibel, und als mir das Tohuwabohu zu groß wurde, legte ich das Buch ein paar Tage zur Seite, entspannte mich mit anderen Texten und kehrte dann wieder zurück. In Ruhe brachte ich „Adas Fest“ zu Ende, das für meinen Geschmack gern etwas weniger Drama hätte haben können auf allen Kanälen, das eine etwas entschlacktere Handlung vertragen hätte – dann hätte ich das Szenario glaubwürdiger gefunden.

Alles in allem aber eine leichte, unterhaltende Lektüre, trotz aller Dramatik, denn die Spannung wird aufrecht erhalten und die Lokalität kombiniert mit dem herrlichen Cover schreien geradezu danach, eine gelungene Urlaubslektüre zu bieten.

„Adas Fest“ von Katrin Burseg ist im 2023 im Diana Verlag als gebundenes Buch erschienen. Mehr Informationen gibt es durch Klick auf den Verlagsnamen oder das Bild.

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