Wer braucht Berlin, wenn er Hamburg haben kann 😉 Im vorliegenden wunderbar leicht zu lesenden Roman „Die Douglas Schwestern“ jedenfalls trifft sich die Crème de la Crème der Beauty-Welt und alles spielt hier, im verregneten Hamburg – und man vermisst das weltmännische, umtriebige Berlin gar nicht, denn auch hier im hohen Norden steppte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts der Bär.
Darüber, woher die Parfümerie-Kette „Douglas“, auf die man ja europaweit stößt, eigentlich kommt, habe ich mir bis dato nie Gedanken gemacht. Doch dann schneite dieses Buch in unsere Buchhandlung und mein Interesse war, trotz kitschigem Cover, geweckt. Charlotte Jacobi schreibt auf unterhaltsame Weise über die Entstehung dieses Parfümerie-Giganten und füttert einen ganz nebenbei mit sehr viel Detailwissen aus der „Beauty-Welt“.
Charlotte Jacobi ist ein Pseudonym für zwei erfolgreiche Autoren, die unter demselben Pseudonym die in Hamburg sehr beliebte Reihe über die „Villa am Elbstrand“ verfasst haben: Eva-Maria Bast und Jørn Precht. Auch hier wirkt das Werk wie aus einem Guss, einen Nachteil gibt es für den Lesefluss nicht, dass hier zwei Leute an einem Strang zogen.
Zum Inhalt: Anna und Maria Carstens sind von Kindesbeinen an von der Welt der feinen Düfte fasziniert. Durch den Vater, einen erfolgreichen Gewürzhändler, stehen ihnen die Türen und Tore zur Gesellschaft Hamburgs offen. Durch seine Kontakte kommen die mittlerweile zu jungen Frauen herangewachsenen Töchter ins Gespräch mit Menschen, die ihnen Impulse geben, Mut zusprechen und auch unternehmerisch beratend zur Seite stehen.
Vor allem Maria, von allen nur Marie genannt, ist völlig vereinnahmt von der Idee, nicht (nur) eine brave Ehefrau zu werden, sondern Unternehmerin. Als die Großmutter der beiden stirbt, die immer ein offenes Ohr für feministische Ideen und revolutionäres Gedankengut hatte, hinterlässt sie den beiden ein ordentliches Sümmchen, das per Testament nur für das genutzt werden darf, was die beiden Frauen planen – es darf keinesfalls in eine Mitgift einfließen oder zur Ausrichtung einer Hochzeit genutzt werden. Maries Entschluss steht fest: Das ist ein Zeichen! Sie möchte nun die vielen träumerischen Pläne in die Wirklichkeit umwandeln – doch Anna ist zögerlicher. Sie ist verlobt und ihr Zukünftiger ist zwar modern, doch nicht so modern, als dass er es gutheißen würde, dass seine Verlobte ein Ladengeschäft führen dürfte. Das erscheint ihm geradezu lächerlich! Und für Annas Anteil vom großmütterlichen Erbe hat er eigentlich ganz andere Pläne … man könnte doch damit wirklich besser das Haus seiner Eltern renovieren …
Anna entscheidet sich. Für die Liebe zum Duft und gegen den Verlobten.
Die Carstens-Schwestern sind gut befreundet mit Berta Kolbe, der Gattin des reichen Unternehmers Gustav Kolbe, dem die Seifenfabrik „Douglas“ gehört. Sein Vater hatte das Unternehmen von der schottischen Familie Douglas, die in Hamburg ansässig geworden war, gekauft und Sohn Gustav hatte es später übernommen. Als sich nun klar abzeichnet, dass Anna und Marie ein Ladengeschäft am Neuen Wall bekommen können, fehlt ihnen noch der richtige Name – und es kommt zum genialen Schachzug, die Parfümerie „Douglas“ zu nennen und dort neben edlen Düften, die die Carstens-Sisters aus aller Welt heranschafften, auch die nicht minder edlen Seifen des Kolbe-Imperiums zum Kauf anzubieten. Das Konzept geht auf: Hamburg rennt den beiden Damen die Türen ein.
Während Marie die Unangepasstere ist und als Extrovertierte in Paris auf der Weltausstellung nach neuen Düften und Kontakten sucht, bleibt Anna in Hamburg – und lernt die wahre Liebe ihres Lebens kennen.
Wunderbar ineinander verwoben sind hier die Lebens- und Liebesgeschichten der beiden Frauen zusammen mit der Geschichte des Unternehmens. Und wen die beiden alles kennenlernten, vor allem Marie in Paris: Coco Chanel und François Coty sind nur ein paar der prominenten Personen, auf die sie treffen. Auch die russische Zarenfamilie lernen sie kennen und dürfen von Glück sagen, dass der Zarin das geschenkte Parfüm gefällt.
*****Achtung Spoiler!! ******
Doch, ach weh! Liest man das Buch zu Ende und lacht und weint mit den Carstens-Schwestern, bis sie endlich ihre Bestimmung gefunden haben, kommt das böse Nachwort, das einen schon Arges ahnen lässt, denn es ist überschrieben mit folgendem Titel „Spuren der Realität“.
Tja, und was muss man nun erfahren? Dass leider so ziemlich alles, bis auf die groben Fakten, eher der Fantasie der Autoren entsprungen ist als der Wirklichkeit.
All die plüschigen, netten Details – pure Erfindung 😢. Das hat mich schon arg gestört. Ich hatte mir so viel von den Kontakten und Verbindungen der Carstens-Schwestern innerhalb Hamburgs gemerkt und wollte mein neu erworbenes Wissen in naher Zukunft immer schön häppchenweise in Unterhaltungen einwerfen, um mit meiner Eloquenz zu strahlen – da hätte ich mich aber mal maximal blamiert 🙂 …
Leider gibt es von den beiden Schwestern nur extrem wenige biografische Eckdaten, die überliefert sind, diese aber sind natürlich auch in diesem Buch enthalten. Und immerhin – alles, was hinzugefügt, gedichtet wurde, wurde gewissenhaft hinzugefügt. Im Nachwort beschreiben die Autoren, wo sie überall recherchiert haben, wie sie bei ihrer Detailsuche vorgegangen sind. Und so kann man den beiden tatsächlich wenig vorwerfen: Das, was sie gemacht haben, haben sie gut gemacht. Mich hat nur enttäuscht, dass ich wirklich erst durch das Nachwort und mit keiner Silbe auf der U4 oder dem Klappentext erfahren habe, dass es sich hierbei nicht um die romanhafte Biografie handelt, sondern um 80% pure, gute Fiktion. Hätte ich das früher erfahren, hätte ich mich am Ende nicht so veräppelt gefühlt.
Süffiger Lesestoff mit Punkteabzug fürs „Schummeln“.
„Die Douglas Schwestern“ von Charlotte Jacobi ist noch ein Geschenk aus dem letzten Monat des Coronajahres 2020 und ist als Klappenbroschur im Piper Verlag erschienen. Mehr Informationen zum Buch und Verlag durch einen Klick auf das Cover oder den Verlagsnamen.
😉 Is schön hier 😉
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Ich glaub, ich will auch mal nach HummelHummel….
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