Robert wartet. Wie verabredet. Er hat seine Verpflichtungen für diesen Tag abgesagt. So leid es ihm und den Kindern auch tat. Es ist ja nicht so, daß Robert jeden Tag mit diesen Kindern arbeiten würde. Das tut er nur ein mal die Woche. Mit beiderseitigem Erfolg.
Doch eben nicht heute, weil ein Anschlag im Hauskasten die Mieter seit Wochen darum bittet, an genau seinem Vorlesetag zu Hause zu bleiben und auf die Mitarbeiter der ISTA zu warten.
Dieses Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Wasser-, Strom- und Gaszähler auf den neuesten Stand zu bringen, indem die Zähler einzeln ausgetauscht werden.
Soweit Robert es verstanden hatte, müssen die Ableser in Zukunft nicht einmal mehr die einzelnen Wohnungen betreten, um die Stände ordnungsgemäß zu erfassen. In Zukunft soll es ausreichen, wenn sie per ISTA – Heißluftballon über dem entsprechenden Kiez hängen.
Nur leider erscheinen die Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt.
Robert ist diesbezüglich nicht müßig gewesen. Noch seine herrlich Geehelichte. Sie haben geräumt, ausgemistet und gründlich geputzt, denn die Zeit stellt alles voll und der Berliner Staub besitzt ZEN – Meister Qualitäten.
Nun wartet Robert. Stunde um Stunde. Dann plötzlich Unruhe im Treppenhaus. Robert horcht zunächst. Jemand geht. Robert schaut in den Hof hinaus. Der Nachbar aus dem vierten Stock hat seinen Geduldsfaden kurzerhand zerschnitten und greift nach seinem Fahrrad.
Robert geht bei Nachbarn klingeln. Die sehen das genauso. Das dauert einfach schon wieder zu lange.
Jetzt erinnert sich Robert: Das Déjà vu ist mächtig und überfährt ihn innerlich. Robert muß sich am Geländer festhalten. Das alles hat sich schon einmal zugetragen. Aber ganz sicher ist er sich nicht. Er steht ja die meiste Zeit nur mit einem Bein in dieser Welt. Doch der Hinweis einer ebenso erbosten Nachbarin wischt jeden Zweifel fort.
„Diese Sackgesichter versetzen uns schon wieder!“
Und tatsächlich, als er gegen 10.30 Uhr nochmals zum Hauskasten geht, um sich ein letztes Mal Gewißheit zu verschaffen, ist der Anschlag verschwunden.
Kein Wort der Erklärung. Kein Wort der Entschuldigung.
Keine Nummer, um jemanden mal ordentlich die Meinung zu geigen.
Nichts. Nur ein vertaner Vormittag.
Aber mehr weiß ich auch nicht.