Berliner Stadtblatt Nr. 24

JohnQube @ pixabay

Im nördlichen Wedding

Raffi geht nochmals alles in Ruhe durch. Nicht, daß es sein erstes Mal wäre. Das sicher nicht. Doch ihm fiel seit einigen Ausflügen auf, daß er begann, nachlässig zu werden. Eine gewisse Schludrigkeit hat sich eingeschlichen und es gibt nichts Gefährlicheres, als abzuheben. Und nichts anderes kann es sein.

Und darauf warten die ja nur. Nacht für Nacht. Ausgestreckt in einem angemieteten Bundeswehrzelt kauernd, während sie angestrengt durch eine Nachtsichtkamera spähen.

Sie spüren es. Sie werden heute kommen. Sie haben sich schon zu lange nicht mehr blicken lassen. Heute kommen sie. „Ick spür‘s im Urin.“

Raffi ist unruhig. Ihm ist, als ob er etwas übersehen hat. Also nochmal: Klamotten, schwarz. Rucksack voll mit Kannen, Schwamm und Etching Marker, schwarz, Cappy schwarz, Schlüssel abgeklebt um Schlüsselklirren zu vermeiden, Aktionshandy, schwarz, Tüte, weiss, Edding, schwarz, Wasser, klar, Energieriegel Ultra Power 4 Stück. Na also.

Und jetzt rocken.

All City King Raffi hat in den letzten Wochen intensiv an einem neuen Masterpiece in seinem Sketchbook gearbeitet und will es heute Nacht unbedingt zum ersten Mal mullern.

Jenes intensive Arbeiten ist aber Dank seines Fames‘ nicht unbemerkt geblieben. Seine Crew, bestehend aus Trani, Phyllis und Randy, machten große Augen, als sie seine Skizzen zum ersten Mal sahen und kamen sofort überein, daß sie für ihn scouten werden.

Als Spot haben sie sich schließlich für den Train – Yard an der Spichernstraße entschieden. – Nicht einfach, aber dafür absolut lohnenswert. Ein Haufen abgestellter Kisten im Untergrund.

Um aber an die Karren heranzukommen, ist es erforderlich, einen 180 m langen, schmalen und überaus verdreckten Kabelschacht entlang zu kriechen, der genau unterhalb des Bahnsteigs entlangläuft und unmittelbar am Depot mündet.

Entscheidend ist das Timing. Schon vor dem Einstieg.

Befindet man sich aber erst einmal in den Eingeweiden der Anlagen, ist es nur noch eine Frage von geräuschloser Geduld bis man am ausgewählten Spot angekommen ist.

Mitunter hat man Glück und die Waggontüren sind nicht verschlossen. Das schreit dann nach einem bestechenden Inside – Piece.

Aber darauf hat Raffi eigentlich keinen Bock. Das sehen doch viel zu wenige. Und das ist doch scheiße.

Nein! Raffi schwebt etwas Gänzliches anders vor. Eine echt geiles e2e. – End to End. – Einen Waggon in seiner ganzen Länge ordentlich zu mullern. Darauf hat er hingearbeitet. Und er besitzt die Skills dazu.

Trainbombing ist allerdings etwas, für das man mehr Zeit braucht, als für ein hingerotztes Throw – up. Noch wichtiger ist eine verlässliche Crew, wenn es zum Trainrain geht. Damit das Ganze nicht in einer Hateline endet, sollte er von Bobs oder so nem Boss überrascht werden Und da das Masterpiece ja auch richtig geil werden soll, müssen Flow, Style und die Sauberkeit stimmen. Vom Character ganz zu schweigen.

Ein echter Burner also! Sein Mega Masterpiece! Und für nichts anderes hat Raffi seine Basis verlassen.

 

Mehr weiß ich allerdings auch nicht

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