Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, hier einfach eine Seite lang nur „Lest das Buch! Lest das Buch!“ zu schreiben, aber dann dachte ich: Is‘ ja dann auch keine richtige Buchbesprechung, wa?!
Ihr könnt es Euch dennoch einfach kaufen, denn ich kenne eigentlich nur einen Buchblogger, der das Buch auf Insta verrissen hat, allerdings scheint er generell eher der „destruktive Besprechungstyp“ zu sein ;-), daher muss man das nicht zu dramatisch sehen – und sonst habe ich nur positive Stimmen eingefangen.
„22 Bahnen“ war Caro Wahls Debüt und es schlug ein wie eine Granate. Sämtliche Preise räumte die junge Schriftstellerin ab und mit ihrem lakonisch-staubtrockenen Charme wickelte sie auch im persönlichen Gespräch bei sämtlichen Lesungen das Publikum und die Organisatoren um den Finger. Alle waren begeistert von dieser frischen, frechen Caro!
Und nun ist sie zurück, so kurz nach dem ersten Buch – und als wir es in der Buchhandlung bereits als Manuskript zu lesen bekamen, ging es, quasi in orkanartiger Geschwindigkeit, von einer Hand in die nächste, denn länger als einen Tag hat keine von uns gebraucht, es zu lesen.
Stürmisch, buchstäblich mit Windstärke 17, braust man durch diesen Roman und ich habe von Seite 1 an gedacht, was für ein Ausnahmetalent diese Caro Wahl doch ist. Ich war skeptisch, was nach „22 Bahnen“ folgen kann, und habe am allerwenigsten mit einer Fortsetzung der Geschichte gerechnet. Doch was wir im neuen Buch bekommen, ist natürlich keine klassische Fortführung des ersten Teils, das wäre irgendwie zu banal, sondern es ist, einige Jahre später, nun die Geschichte von Ida, der kleinen Schwester – nachdem „22 Bahnen“ eben vor allem die Geschichte von Tilda, der Großen, war. Ida ist nun Literaturstudentin mit Schreibblockade, immer in Unruhe, immer auf der Flucht vor der Vergangenheit, die sie schlussendlich doch immer einholt.
Voller Sprachwucht, in ihrem typischen „Erzählstakkato“, unfassbar lakonisch und dennoch so emotional bewegend, mit großer Freude am besonderen Formulieren verfasst Caro Wahl „Windstärke 17“, pustet uns in das Hier und Jetzt der großgewordenen kleinen Schwester, die sich in diesem Buch nach Rügen treiben lässt, und wir lassen uns erfassen, mitreißen und schauen Ida gespannt zu bei einem kleinen Ausschnitt ihres Lebens.
Eine kurze Kostprobe dessen, was ich als typischen Caro-Stil empfinde:
„Endlich finde ich den Eingang zu dem Turm beziehungsweise stehe ich vor so einem Kackdrehkreuz.
»Einmal?«, fragt die Frau, die an der Kasse sitzt.
Ich: Ich muss Eintritt zahlen für diesen dummen Turm?
Frau: Ja, nichts ist umsonst.
Ich: Wie viel?
Frau: Studentin?
Ich: Ja.
Frau: Dann 11,50. Haben Sie Ihren Ausweis dabei?
Ich: Nein.
Frau: Dann 13,50.
Ich: Ich habe auch kein Geld dabei.
Blickkontakt.
Ich: Ich muss da hoch.
Frau: Kinder unter sechs Jahren sind kostenlos.
Ich: Ich werde erst im September 6.
Wir lächeln uns kurz an, und sie lässt mich durch.“
Und spätestens jetzt bin ich wieder soweit, dass ich eigentlich nur rufen möchte: „Lest das Buch! Lest das Buch!“
Es gibt wirklich nicht einen einzigen Grund, der dagegenspricht. Los jetzt!!!! Lesen!!
Windstärke 17 von Caroline Wahl ist im Mai 2024 als Hardcover im Dumont Verlag erschienen. Mehr Informationen gibt es über einen Klick auf den Verlagsnamen oder das Buchcover.


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Bei 22 Bahnen war ich etwas zwiegespalten und musste Frau Kaltmamsell zu ihrem Blogbeitrag zustimmen https://www.vorspeisenplatte.de/speisen/2024/04/journal-dienstag-9-april-2024-caroline-wahl-22-bahnen-und-die-hollywoodisierung-des-themas-armut.htm
Trotzdem hast du mich neugierig gemacht. Und das Cover ist wunderschön.
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