In vino veritas

Obwohl ich eher Wein- als Biertrinkerin bin, verstehe ich – wie von so vielem – nicht wirklich etwas davon, wie man einen guten Wein wirklich erkennt. Natürlich kann ich sagen, was mir an einem Wein gefällt: sein Aroma, seine Farbe, die Abwesenheit von Kopfschmerzen am Tag nach dessen Genuss, welche Traube ich bevorzuge. Im Laufe meines „Wein-Lebens“ habe ich mich von der strikten Rotweinfanatikerin, der nichts zu trocken sein konnte, zu einer Verfechterin von leichten, spritzigen Weiß und Roséweinen gemausert. Mittlerweile sogar gerne auf die früher so absolut verpönte „amerikanische“ Art: mit Eiswürfel. Ja, ihr könnt mich dafür schelten und nein, es macht mir nichts aus. Denn nach wie vor denke ich, was ich trinke muss mir einfach schmecken und je leichter, desto besser. Immer schon wollte ich einmal bei einer Weinlese mitarbeiten – wobei ich genau weiß, dass das kein Zuckerschlecken und megaanstrengend sein muss. Als mir dann das witzig gestaltete Cover von „Endlich Wein verstehen“ auffiel, gab es kein Halten – das Buch musste ich mir genauer ansehen. Und ich kann euch sagen: Auch wenn man nicht unbedingt glücklicher lebt als vermeintlicher Weinkenner, so hat die Lektüre dieses herrlich frischen, unkonventionell aufgemachten Sachbuches schweren Eindruck hielten – ganz ohne Kopfschmerzen.

Madelyne Meyers Start auf dem Weg zur Weinfachfrau hört sich an, wie das, was ich eingangs geschildert hatte:

Ich trinke Wein. Ich liebe Wein. Ich habe keine Ahnung von Wein.

Dabei ist sie selbst in eine Weinhändlerfamilie hineingeboren worden und hat viel Zeit in Weinkellern verbracht. Allerdings eben damit, den Wein, den andere Menschen produzierten für den Verkauf vorzubereiten – also zu etikettieren, in Boxen zu verpacken und eventuell auch abzufüllen. Über den Weg einer Traube zu einem guten Wein hatte sie laut eigener Aussage keine profundes Wissen. Ihre Bachelorarbeit jedoch beschäftigte sich mit der Frage, wie man internationale Weintrends erkennen kann – Trends zu erkennen ist ein großer Teil jeglicher Vertriebsarbeit, das ist bei Wein nicht anders als bei Büchern. Und so ging es für Madelyne Meyer, an der Seite des Geschäftsführers der elterlichen Weinkellerei auf zur größten Weinmesse Europas – zur „Prowein“ in Düsseldorf. Hättet ihr vermutet, dass die größte Weinmesse Europas in Düsseldorf stattfindet? Ich sicher nicht, war das nicht eher Mode, die dort präsentiert wurde? Schon das Vorwort dieses Buches hatte meinen Horizont erweitert.

Auf der Messe erlebte Meyer das, was der Qualität jedes Produkts zugrunde liegt, wenn es richtig gut und langlebig sein soll: die Leidenschaft der Produzent:innen. Diese war so ansteckend, dass Meyer mehr über den Produktionsprozess von Wein erfahren wollte. Es folgten Weinkurse, Hospitality-Praktika und damit einhergehend Begegnungen, die sie dazu brachten, einen Abschluss als „Certified Wine Specialist“ zu erwerben. Viel Weinwissen musste erworben werden und da Meyer sich damit anfangs schwer tat, wandte sie eine Technik an, die heute bereits Schulkindern an die Hand gegeben wird: das Anfertigen von sogenannten Mind-Maps. Wer sich damit schon einmal beschäftigt hat, weiß, wie eingängig und erfolgreich diese Methode sein kann.

Damit aber nicht genug. Meyer begann alias Edvin (educating wine) diese Mind-Maps auf einem Blog zu teilen – zum Glück für uns Leser:innen, denn daraus entstand auch das vorliegende Buch, das mittlerweile in der achten Auflage erhältlich ist. Und das zu Recht. Ihre Expertise erweiterte sie auf diverse Weise. Sie reiste nach Bordeaux, arbeitete dort als Marketingassistentin eines Weinhändlers, gewann einen Blogwettbewerb und durfte eine Woche auf einem Château in Saint Emilion verbringen. All das mehrte ihr Weinwissen und ihre Freude daran, andere Menschen daran teilhaben zu lassen. Da dies für viele Weinliebhaber aber häufig zu elitär passiert, nahm sie sich vor, über Weinkurse, ihren Blog und die sozialen Medien dieses Wissen niederschwellig zu teilen und hat bis heute immensen Erfolg damit.

Gut strukturierte Information, graphisch klug aufbereitet bietet einen schnellen Überblick und motiviert gleichzeitig tiefer in die verschiedenen Bereiche einzutauchen. Man erfährt nicht nur Fakten über Rebsorten oder Anbaugebiete sondern auch über die Einflüsse, die einem Wein seinen Charakter verleihen. Gesteinssorten, Böden, Alter der Rebstöcke, atmosphärische Bedingungen, unter denen die Trauben reifen … alles trägt zu einem gewissen Aroma bei und war für mich, die ich Verbindungen so sehr liebe, großartig beschrieben. Dass Wein ein zwar vegetarisches aber nicht unbedingt veganes Lebensmittel ist und weshalb das so ist, wird ebenfalls erklärt.

Ein wunderbares, witziges, klug geschriebenes und illustriertes Buch – ein Muss für alle Menschen, die gerne Wein trinken und ein bisschen mehr darüber wissen und wirklich verstehen wollen. Aber auch nicht Weintrinker:innen können aus diesem Buch sehr viel lernen und dabei Spaß haben.  Aber Vorsicht, es besteht akute Suchtgefahr und es könnte der Wunsch entstehen, sich in die Welt des Weines hinauszubegeben.

Endlich Wein verstehen – Einfach. Klar. Ungefiltert von Madelyne Meyer ist in der 8. Auflage im AT Verlag als Hardcover mit Lesebändchen erhältlich. Für mehr Info durch Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

 

 

6 Gedanken zu “In vino veritas

  1. Ist das eher von den Regionen und Rebsorten deutschlandzentriert oder schon auch mit Frankreich, Schweiz, Österreich und Italien sehr breit aufgestellt? Ich bräuchte nämlich mal so ein internationales Werk, wo vor allem alle ordentlich drinnen sind

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  2. Ich stehe auf dem Standpunkt, ein Wein ist gut, wenn er mir schmeckt und keine Kopfschmerzen macht. Es gibt natürlich Situationen, in denen man gerne mitreden können würde. Als ich mal gezwungenermaßen einen ganzen Abend in einer Tischrunde verbrachte, die sich ausschließlich über Wintersport unterhielt, hätte ich auch gewünscht, wenigstens schon mal einen Idiotenhügel runtergefahren zu sein.

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  3. naja, ich bin da schon sehr lange so ein bisschen interessiert und das Buch ist echt witzig. Auf der Seite von Edvin kann man übrigens rausfinden, was für ein Weintyp man ist – hat gestimmt bei mir. Ja, wir haben es schon noch vor 😉 bin gespannt, ob es klappt. Lagerfeuer klingt sehr verlockend. LG

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  4. Ach Bri, ich muss ihn gar nicht verstehen, ich muss ihn nur mögen. Übrigens ebenfalls spritzig, trockene Weißweine. Falls ihr es in den Süden schafft dieses Jahr gerne am Lagerfeuer 🙂

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