Auch in Cannes ist es Herbst geworden. Stürme beherrschen die allgemeine Wetterlage und machen die Überfahrt auf die unter Naturschutz stehende Insel Sainte Marguerite für Commissaire Duval zu einem äußerst unerfreulichen Erlebnis. Hätte er es sich aussuchen können, so hätte er festen Boden unter Füßen dem für seine Verhältnisse sehr aufgewühlten Meer bei weitem vorgezogen. Doch es handelt sich ja nicht um einen ökologisch motivierten Freizeitausflug, sondern schlicht um Mord.
An Bord eines aufwendig restaurierten Seglers aus dem Jahr 1914 wurde die blutüberströmte Leiche eines Mannschaftsmitglieds aufgefunden. Der zweite Maat ist verschwunden und der Skipper, der die Leiche fand, hatte – vom vorabendlichen Alkoholgelage komplett außer Gefecht gesetzt – nichts mitbekommen. Sein Messer, das er am Abend zuvor im Bistro noch stolz präsentiert hatte, liegt jedoch blutverschmiert neben der Leiche …
Christine Cazon lässt ihren Commissaire Duval in seinem dritten Fall im Gegensatz zu seinem zweiten recht alleine ermitteln. Er bleibt wegen der Stürme auch telefonisch so gut wie auf sich selbst gestellt und kann die Insel wegen des eingestellten Fährverkehrs nicht mehr verlassen. Kammerspielatmosphäre oder ein klassischer Krimiplot – das sind die ersten Gedanken, die sich zum Setting einstellen. Und Duval macht seine Sache gut, genauso wie Cazon.
Anfänglich durch seine Emetophobie – Ekel vor dem Ekel, ja das hat auch einen offiziellen Namen – ausgebremst, fängt er sich recht rasch und geht gewohnt zielstrebig der Lösung des mysteriösen Mordes entgegen. Es tun sich auch hier wieder Verstrickungen auf, die im Dunkeln lauerten.
Trotz des recht blutigen Mordes bleibt auch dieser Krimi wieder eher einer der ruhigen Sorte. Aufregung gibt es da im privaten Bereich von Duval, dieser steht aber eindeutig hinter dem Fall zurück. Duval ist uns ja bereits aus zwei Vorgängerbänden bekannt, seine familiäre Situation ebenfalls. Sein Team wurde vor allem im zweiten Band der Cannes – Krimis näher beleuchtet und die Zusammenarbeit klappt auch dieses Mal unkompliziert und pragmatisch. Ein angenehmer Lesefluss stellt sich ein, den gute Unterhaltung eben benötigt. Und das ist dieser Krimi: gute Unterhaltung. Wer actionreiche Hardcore – Unterhaltung sucht, wird sie hier nicht finden. Aber genau das ist es, was mir an diesen Krimis gefällt, mir gut tut.
Nachdem Cazon ihrem Commissaire und den Mitgliedern seines Teams im vorhergehenden Band etwas mehr Profil verlieh, indem sie die Familienhintergründe und Lebenssituationen deutlicher zeichnete, versorgt sie uns nicht mit weiteren Informationen. Das Verhältnis zwischen Duval und seiner Exfrau bleibt angespannt, seine neuen Beziehungen eher im Dunkeln. Ein wenig hat mich das Setting – obwohl ich nicht genau sagen kann, weshalb – an George Simenons Maigret und der geheimnisvolle Kapitän erinnert, was der Lektüre aber ins keinster Weise schadete. Interessant wäre es, zu wissen, ob es auch anderen Lesern, die beide Krimis kennen, ebenso ging.
Ich werde Duval auf jeden Fall weiterhin folgen und bin gespannt, in welche Gegend rund um Cannes er uns das nächste Mal führen wird.
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe: 08. April 2016
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN: 978-3-462-31551-6
- Taschenbuch: 304 Seiten
Danke – ja, entspannt kann man sie lesen. Keine Thriller, nicht übermäßig blutrünstig, die Ptotagonisten gut gezeichnet, also alles in allem eine schöne Lektüre 😉 LG
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Schöne Rezension! Ich starte grade erst mit dem zweiten Fall von Kommissar Duval, finde die Geschichten aber bis jetzt ganz unterhaltsam. Und nach deinem Artikel werde ich mir wohl auch noch den dritten Band zulegen. 🙂
Liebe Grüße
| Juli |
http://www.chezjuli.de
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Spannung kann es ja auch ohne Nervenkitzel geben 😉 Ich mach mir mal ne geistige Notiz.
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naja, da gibts schon ein paar – aber meist ist die Spannung bei diesen Krimis nicht so stark. Aber Klassiker wie Simenon oder so bieten das perfekt 😉
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Sieht übrigens hübsch aus hier!
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Das klingt nett. Wenn ich nicht so viel zu lesen hätte, würde ich mir die Reihe mal näher anschauen. Ich lese ja eigentlich gerne mal einen Krimi, aber offenbar ist mein Geschmack da so eigen, dass sie mir selten gefallen, da es die von mir bevorzugte Mischung aus spannendem Kriminallfall und interessanten, glaubhaften Charakteren, einer fesselnden Suche nach dem Mörder, Abwesenheit von zu viel Blut und Psychopathen und Anwesenheit von Privatgeschichten der Ermittler selten zu geben scheint. 😉
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