Abgetaucht

TaucherEine junge Amerikanerin, Anfang 30, fliegt nach Casablanca. Ihr Reiseführer rät ihr, gleich nach Ankunft Casablanca zu verlassen, doch bei ihrer Ankunft im Hotel wird ihr Rucksack mit all ihren persönlichen Dingen gestohlen. Die hinzu gerufene Polizei wird schnell fündig. Ein schwarzer Rucksack wurde sichergestellt, mit einem amerikanischen Pass. Das Bild der abgebildeten Frau ist der Amerikanerin ähnlich, doch der Rucksack gehört nicht ihr. Trotzdem nimmt sie, aus Verzweiflung, die neue Identität an und unterschreibt auch mit ihrem neuen Namen. Im Hotel beschließt sie, die Botschaft zu informieren, dort angekommen hat sie aber den Polizeibericht verloren und gibt auch wieder einen anderen Namen an. Ein Verwechslungsspiel beginnt, ein Filmteam taucht auf, um ihr eine Rolle als Bodydouble einer berühmten Filmschauspielerin anzubieten, die Amerikanerin, deren wahren Namen der Leser nicht erfährt, taucht in immer neue Rollen ab, bis sie ganz am Grund wieder zu ihrer eigenen Identität findet.

Ein surrealer Plot in den uns Videla Vida hinein wirft. Anfangs muss man mit den ungewohntem Präsens kämpfen, ja ehrlich gesagt hat mich das Buch regelrecht genervt!

„Du bist unglaublich müde, aber du bist auch unglaublich hungrig, und du kannst erst schlafen, wenn du etwas im Magen hast. Du wachst auf, es klopft an der Tür. Du siehst das Kopfkissen an. Du hast gesabbert. Du siehst auf die Uhr. Du hast genau sechs Minuten geschlafen.“

Langsam findet man in die Innenwelt der jungen Frau hinein, hinter den wechselnden Identitäten will sie sich verstecken, spürt man, es lauert etwas noch namenloses hinter diesen Aktivsätzen. Vergangenes muss aufgearbeitet werden.

„Find ich total beeindruckend, dass du ihn verlässt.‘ „So würde ich das eigentlich nicht nennen, sagst du. ‚Erschütternd wäre das richtige Wort. Und selbst dieses Wort umschreibt nicht mal annähernd die Intensität deines Leidens.“

Die Identitätssuche und -wechsel werden zu einer Art Flucht, es muss immer mehr passieren, immer schneller.

„Du folgst seinem Blick und siehst in den versmogten vogellosen Himmel. ‚Extreme Umstände erfordern radikale Veränderungen. Zumindest für den, der überleben will.“

Aber selbst die unwahrscheinlichsten Dinge, die einem passieren, die verschiedensten Personen in deren Ich die Amerikanerin schlüpft, die Vergangenheit holt einen plötzlich ein und dann hilft auch kein Weglaufen mehr.

Ein Buch, das mich am Schluss doch noch abgeholt und zu einem befriedigenden Ende geführt hat. Auch die nervigen Anfangspassagen waren dann nachvollziehbar. Unterschwellig hat Vendela Vida aber noch andere Dinge in ihren Roman eingebaut, die ihr zu plakativ gerieten. Eine junge, unschuldige Frau allein unter lauter Männern die ihr Handeln, ihr weiteres Leben, ja ihre Identität, ihren Namen bestimmen. Auch wenn dieser Plot zu der Auflösung passt, ein wenig kritischere Reflexion hätte man sich als Leser gewünscht. So bleibt ein zwar psychologisches, Hitchcock-artiges Kammerspiel in exotischer Kulisse, welches zu eindimensional geriet.

Buchdetails:

  • Aktuelle Ausgabe : 12. Februar 2016
  • Verlag : Aufbauverlag
  • ISBN: 978-3-351-03629-4
  • Gebunden: 252 Seiten

8 Gedanken zu “Abgetaucht

  1. falls mir das Buch irgendwann mal über den Weg läuft, werde ich vermutlich mal reinlesen. Aber es ist jetzt kein „must read“ mehr für mich..

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  2. Sie flüchtet sich ja von einer Identität in die nächste um eben nicht zu reflektieren. An irgendeinem Punkt klappt dies nicht mehr und die Erinnerung bricht über ihr zusammen. Am Ende haben sich für mich viele Fäden zusammengefügt, aber bis dahin war das Thema zu oberflächlich umgesetzt.

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  3. Das kann ich Dir nun auch nicht sagen. Ich fand es zu laut, zu sehr mit dem Holzhammer auf Themen eingeschlagen.

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  4. Ich habe das Buch ganz gerne gelesen, mich aber irgendwann gefragt, was sie denn bitte vorhat. Mir fehlte auch ein wenig die Reflexion und sie kann ja nicht auf ewig mit 300 $ Erspartem in Marokko bleiben. Die Auseinandersetzung, die ja an irgendeinem Punkt erfolgen muss, hätte ich gerne zumindest im Ansatz miterlebt.

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  5. In der Vorschau des Verlags machte mich das Buch direkt neugierig, dann hab ich allerdings mind. 1 Rezension einer Bloggerin gelesen, die dem Buch nicht allzu viel abgewinnen konnte… hmm, ich bin nun etwas unentschlossen, ob das Buch etwas für mich ist! 😀

    Liebe Grüße
    Anna

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