
©Wokandapix auf pixabay
Um dies Eine vorweg zu nehmen: Ich wollte bloß in aller Ruhe, mit der herrlich Geehelichten in der warmen Septembersonne sitzend, die widerborstige Salzkruste von meiner Laugenstange kratzen.
Aber Gedanken verhalten sich nun einmal wie kleine Kinder; sie laufen hierhin und dorthin und geben sich dabei eher unstet. Und wie bei kleinen Kindern stellt es eine hohe Kunst dar, das Gleichgewicht zwischen dem natürlichen Anspruch auf Freiheit und der Notwendigkeit des Verweilens im unmittelbaren Einschreitradius durch langwieriges Probieren herauszufinden.
Verliert man beispielsweise einen Gedanken aus den Augen, einfach weil man ihn zu weit fort hat schweifen lassen, so bleibt er in vielen Fällen für eine lange Zeit fort. In schlimmen Fällen sogar für immer.
Er sucht sich schlichtweg jemanden Neuen, der kindhaften Hoffnung verfallen, irgendwann einem Kopf Flügel verleihen zu dürfen.
Hält man ihn hingegen an der kurzen Leine und achtet penibel darauf, daß er nicht fort schweifen kann, so verliert er prompt die Lust an seiner Leichtigkeit und vermauert den Halter.
Dieser trägt fortan die zusätzliche Last eines zu Stein gewordenen Gedankens mit sich herum.
Es krachte knusprig laut und weithin vernehmbar, als ich einen herzhaften Bissen von der endlich gereinigten Laugenstange, die nun mit frischer mit Zitrone angemachter Kichererbsenpaste bestrichen war, zu mir nahm und die Vorbeiziehenden mit einer Mischung aus Hochachtung und Mitleid betrachtete. Und da verstand ich, wie diese anstrengend wirkenden Gesichtsausdrücke entstanden sein müssen.
Geruede, loslassend
Weitere Textarbeiten von Geruede auf dessen Blog: https://geruede.wordpress.com
Mach weiter so.
LikeGefällt 2 Personen
Ja super! Freut mich sehr. Danke schön.
LikeGefällt 1 Person
Sehr gut geschrieben. Top Beitrag.
LikeLike
Wie wahr doch diese Zeilen sind. – Vielen Dank dafür. Die letzte Strophe allerdings bereitet mir Kopfzerbrechen, weil ich wohl noch lange nicht so weit bin.
Geruede, mit dem Gedankenfänger auf der Lauer liegend
LikeGefällt 2 Personen
Gedankenhandhabung ist ein schönes Wort und ein interessanter Gedanke. Ganz persönlich mag ich die Gedankenhabung im Lied: „Die Gedanken sind frei“:
Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten,
sie fliehen vorbei,
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.
Ich denke, was ich will,
und was mich beglücket,
doch alles in der Still,
und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
kann niemand verwehren,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.
Ich liebe den Wein,
mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein
am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine
bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei:
die Gedanken sind frei.
Und sperrt man mich ein
im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke;
denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
die Gedanken sind frei.
Drum will ich auf immer
den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer
mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
stets lachen und scherzen
und denken dabei:
die Gedanken sind frei.
Quelle: https://www.lieder-archiv.de/die_gedanken_sind_frei-notenblatt_300470.html
Schöne Gedanken und Grüße, Bernd
LikeGefällt 2 Personen