So richtig schöne ausschweifende Space Opera Science Fiction, die in einem Radius von Lichtjahren spielt und mit raffinierten Schlachten garniert ist, dabei aber auch die Charaktere nicht ins Klischeehafte abdriften lässt, (nein ich meine jetzt nicht Star Wars) ist in diesen Tagen leider selten. Vorbei ist die goldene Ära des Genres, welches uns so wunderschöne Romane, wie die Lensmen-Serie von E.E.Smith, die Foundation Trilogie von Isaac Asimov oder die herrlichen Gemetzel im All des Robert A. Heinleins bescherten. (Nicht missverstehen, Gemetzel im Sinne ‚Tötet das Böse‘!! :-)) Doch es gibt sie natürlich noch, diese technisch-süffigen Romane, man muss nur etwas suchen. Eine Unart ist es, dieses Genre zu marginalisieren und auf die untere Niveau-Ecke herunterzustauchen. Selbst bei Verlegern habe ich manches mal das Gefühl, dass sie sich nicht die Mühe machen, sich ein adäquates Titelbild einfallen zu lassen.
Alleine wegen des Titelbildes hätte ich diesen Roman nicht in die Hand genommen, aber zum Glück gibt es ja die im Internet aufgeführten Rezensionen und die klangen durchweg positiv, selbst die schlechten. (Die haben das Buch nämlich einfach nicht verstanden)
Das Buch spielt in der Zukunft, (Jaaa Geil! Da kommen dann auch die schönsten technischen Errungenschaften vor, die der Autor nicht erklären muss! Ich liiiebe es) die Menschheit hat sich über die Sterne ausgebreitet, es herrscht seit 1600 Jahren ein Kaiser (Ich habe das Gefühl, dass die Aristokratie nie aussterben wird und man sich insgeheim danach sehnt) Die ‚unsterblichen‘ Menschen (nur ein paar wenig kaiserlich Ausgewählte natürlich) sind im Kampf gegen die RIX, die anstelle der Unsterblichkeit und der Individualität, den Tod und ein Verbundbewusstsein (sind das jetzt die bösen Chinesen?!) haben. Bei einem Angriff auf den kaiserlichen Planeten Legis XV wird die unsterbliche Schwester des Königs gefangen genommen und ein ungeheuerliches Geheimnis droht enthüllt zu werden. Und dieses Geheimnis gilt es natürlich zu bewahren. Der Kaiser wirft alle Mittel, die er hat, in den Kampf.
Das Buch bewegt sich auf drei Ebenen. Eine Ebene besetzt der just vom Kaiser ausgezeichnete Captain Laurent Zai, der ein neueres Raumschiff befehligt, welches sich gerade in der Umlaufbahn um Legis XV befindet. Mit Hilfe mikrokleiner Raumschiffe, will er und seine Crew die Schwester des Kaisers befreien. Die zweite Ebene ist die politische Ebene, Nara Oxham gehört zu den Pinken, die die Unsterblichkeit ablehnen.
„‚Ich habe oft gehört, dass die Pinken für den Tod eintreten. Aber ich habe das für eine Übertreibung gehalten.‘ ‚Es ist keine Übertreibung. Der Tod ist eine zentrale evolutionäre Entwicklung. Tod bedeutet Veränderung und Fortschritt. Unsterblichkeit ist ein die Zivilisation tötendes Konzept.“
Sie ist die Geliebte des Captain Laurent Zai und durch Jahre in der Stasi kann sie mit den Überlichtreisen Laurents mithalten. Denn Politik passiert nicht täglich und die Repräsentanten werden auf 50 Jahre gewählt, haben viel Leerlauf, die sie in der Stasi verbringen. (Praktisch, nicht? Ausgediente Staatsmänner in Stasis zu versetzen und bei Problemen rauszuholen) Die dritte Ebene bestreiten eine Rix-Kämpferin und eine Arbeiterin auf Legis XV. Dadurch erfährt der Leser mehr über die Rix-Kultur und deren Besonderheiten.
Diese drei Ebenen werden geschickt und spannend von Westerfeld zusammengeführt, der Leser benötigt eine Weile bis er in die, durchaus anspruchsvolle und durch technische Beschreibungen garnierte Welt, eintaucht. Aber wenn man mal die Komplexität erfährt und versteht, lässt sie einen nicht mehr los und man verflucht die nur 800 Seiten lange Fahrt durch dieses intensive Universum. Gerade auch die Nebenschauplätze und die Darstellung der Gesellschaft in der Zukunft, bilden eine stabile Basis des Buches. Die Menschheit hat sich durch ihren Wahn nach Perfektionismus selbst steril gemacht:
„Nach Jahrtausenden fehlgeleiteter genetischer Manipulation hatte man schließlich den subtilen Streich der Evolution verstanden: Fast keine menschlichen Eigenschaften waren ‚verkehrt‘. Gene, die eine Krankheit in einem Ambiente verschlimmerten, brachten Widerstandkraft in einem anderen. Wahnsinn war mit Genie verbunden, Passivität mit Geduld. Selbst Nachteile enthielten verborgene Stärken. Unter den wilden, variablen Bedingungen der Sterne stellten die Menschen fest, dass sie größere Vielfalt brauchten, nicht weniger. Und doch war es eine verkleinerte Menschheit, die die irdische Wiege verließ, geschwächte Supermenschen, die nur einem lokalen, fehlerhaften Standard von Überlegenheit entsprachen.“
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse und Westerfeld hält noch eine Überraschung für uns bereit. Das Geheimnis wird enthüllt und schlägt wie eine Bombe ein, verändert auf einen Schlag die Menschheit. Doch was bleibt sind immer noch die stärksten Gefühle eines Menschen:
„Und er wollte nach Heimat zurück; nur darauf kam es an. Das war es, was ihn von Anfang an motiviert hatte. Jetzt, da ihm alles andere genommen war – Ehre, Tradition, Souverän und Unsterblichkeit -, blieb ihm nur Liebe, zu der er zurückkehren konnte.“
Schade dass Westerfeld nur diesen einen Science Fiction geschrieben hat, man wird in diesem Genre nur wenig Vergleichbares finden.
Ein SF-Highlight dieses Jahres.
Das Taschenbuch ist nur noch antiquarisch zu bekommen, das Ebook ist im Portfolio vom Verlag vorhanden.
Buchdetails:
- Aktuelle Ausgabe: 6.November 2006 (E-Book vom 07.August 2014)
- Verlag: Heyne
- ISBN: 978-3-453-52227-5
- Taschenbuch: 832 Seiten
Hmmm, so begeistert? Nach deiner Rezi will ich sofort lesen, dabei bin ich mit Scott Westerfelds letztem und ersten SciFi so gar nicht warmgeworden. Grübel, die Thematik ist schon mal klasse und Zukunft, GEIL!!!*G*
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In der Tat. Leider führt dies auch dazu, dass die weniger anspruchsvollen Science Fiction Bücher als Massenware ausgestossen werden. Anspruchsvolle Lektüre, gerade in diesem Bereich, muss wirklich gesucht werden.
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Schöner Tipp, meinen herzlichen Dank. Nach wie vor erstaunlich, dass selbst nach den Kinoerfolgen – von Star Wars bis Avater oder den Star-Trek-Relaunch – bei uns die papierne SF tatsächlich von so vielen als Nische (und nochdazu eine in der Schmuddelecke) gesehen wird.
Liebe Grüße!
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