Jonas wartet im Basislager am Everest darauf, sich so weit an die schwierigen Bedingungen dort gewöhnt zu haben, dass er den Aufstieg wagen kann. Es dauert seine Zeit, bis er langsam mit den anderen aus seiner Expeditionsgruppe höher steigen kann, in Etappen. So ist es üblich, wenn man den höchsten Berg bezwingen will.
Thomas Glavinic beginnt seinen Roman „Das größere Wunder“ damit, wie sein Protagonist am Fuße des Berges ausharrt. In Rückblenden erfährt der Leser Jonas’ Lebensgeschichte. Er wuchs zusammen mit seinem behinderten Bruder bei seinem besten Freund Werner im Haus von dessen Großvater auf. Dieser behandelt ihn wie seinen eigenen Enkel und lässt den Jungen viele Freiheiten.
Wie in den Romanen „Das Leben der Wünsche“ und „Die Arbeit der Nacht“, in denen der Autor in sich abgeschlossene Geschichten um einen Protagonisten erzählt, der ebenfalls jeweils den Namen Jonas trägt, spielt Glavinic auch hier mit dem Unwahrscheinlichen. Die Biographie des Helden trägt märchenhafte Züge, was allerdings nicht bedeutet, dass hier klar zwischen Gut und Böse unterschieden wird. Einiges lässt sich nicht erklären, Recht und Unrecht werden unterschiedlich interpretiert. Der Autor aber vermag es, seine Geschichte so zu erzählen, dass dies beim Lesen nicht stocken lässt. Seine Geschichte ist rund und stimmig.
Jonas ist ein Suchender, der die Extreme nicht scheut, und er ist ein Liebender. „Das größere Wunder“ ist auch ein Roman über die Liebe, über Jonas’ große Liebe Marie, die er verloren hat. Glavinic erzählt das alles packend und unterhaltsam, berührend und spannend. Ganz nebenbei sind seine Schilderungen über die Beschwerden der Expeditionsteilnehmer am Everest so plastisch, dass man als Leser fast das Gefühl hat, man säße mit dem Helden des Romans im Zelt. „Das größere Wunder“ ist ein würdiger Abschluss von Glavinic’ Jonas-Trilogie.
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe: 26. August 2013
- Verlag: Hanser Verlag
- ISBN: 978-3-446-24332-3
- Gebunden: 528 Seiten