Der Circle
Dave Eggers „Der Circle“ war literarisch betrachtet eher mau. Lesefreude kam bei mir keine auf. Es war ein Seitenfressen. Verantwortlich dafür waren einerseits die flachen Protagonisten, angefangen bei der Hauptperson Mae, aus deren Perspektive sich die gesamte Story entwickelt und um die sie sich dreht. Ich erinnere nicht, welche Haar- und Augenfarbe sie hat, aber sie ist auf der Metaebene unbestreitbar blond. Hellblond! Dazu noch blauäugig. Aber sowas von. Selbstbewusstsein im Sinne von sich seiner selbst bewusst zu sein ist ebenfalls nicht vorhanden. Den gesamten Roman durch hat sie mit ihrer jammernden kindlich kindischen Naivität genervt. Stetig zunehmend.
Eine exponentielle Annerv Protagonistin. Immerhin. Das kannte ich so noch nicht. Sollte es eine Verfilmung geben, dürften sie nur Menschen mit Flachbildschirm anschauen. Andere würden die Figuren nicht erkennen.
Aber es war nicht alles schlecht. Obwohl sowohl vom flachen, vorhersehbaren Plot und den schwach entwickelten Figuren ermüdet, wollte ich das Buch nicht ins Eck pfeffern. Es ist hochaktuell. Eine andere Rezensentin schrieb bereits „als Schulpflichtlektüre“ sei es perfekt geeignet. Tatsächlich las es sich weg wie ein Jugendbuch mit schlichtem Weltbild und klarem pädagogischen Auftrag.
Etliche gute Ideen, wie die hundertprozentige Zwangsdemokratisierung, Privatisierung öffentlicher Hohheitsaufgaben, Monopolisierung, Offenlegung aller Politikeraktivitäten und den zunehmenden Stress, dem wir durch permanente mediale Verfügbarkeit ausgesetzt sind, regen weniger helle oder besser weniger lebenserfahrene Köpfe womöglich zum Nachdenken und Diskutieren an. Oder sie ähneln Mae. In diesem Fall können sie sich das Lesen sparen.
Die BOTSCHAFT ist klar. Glasklar transparent fast von Beginn an. Es gibt keinerlei Überraschungen. Sie ist unbestreitbar wichtig. Ich hätte mir nur gewünscht, sie wäre schöner, sprich poetischer, herausfordernder verpackt und stilistisch geschickter entwickelt.
Womöglich habe ich auch nichts verstanden und Intention des Autors war es die Eindimensionalität der social media auf die literarische Ebene zu hinabzuzerren. Bei den Sexszenen (keimfrei und emotionsfrei) ist es ihm ansatzweise gelungen. Sie sind unglaublich deprimierend, besonders wenn der narzisstische abgedrehte Lover mit ejaculatia präcox ein rating verlangt und 100 % erhält.
Der Hype und die doch stark vermessenen Vergleiche mit Huxley und Orwell sind mir ein völliges Rätsel.
Trotzdem bleibt etliches haften von diesem Buch. Besonders die schlechte Erinnerung und der fade Nachgeschmack, aber auch etliche Entwicklungen, die sich längst in der gesellschaftlichen Mitte etabliert haben wie die elende Knipserei von jedem unnötigen Scheißdreck oder die völlig überflüssigen Statements zum persönlichen Befinden.
Die Schreiberin dieser Zeilen manikürt sich nach Beendigung derselben übrigens die Nägel.
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe : 14.08.2014
- Verlag : Kiepenheuer & Witsch
- ISBN: 9783462046755
- Gebunden: 560 Seiten

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