„… ich wollte, Du wärst glücklich und würdest es Dir selbst gestatten, glücklich zu sein.“

Im WaldSeit zwanzig Jahren lebt Marcus Kolpa mit seiner Tochter Rebecca in einem Haus abgeschieden auf einem Hügel und führt ein zurückgezogenes Leben. Als Rebecca erst ein paar Monate alt war, hat seine Frau Chaja Marcus plötzlich verlassen: Ohne Koffer und ohne Erklärung verschwand sie, und Marcus hat all die Jahre nicht erfahren, wieso, ob Chaja noch lebt und wenn ja, wo sie sich aufhält. Marcus hat einen sehr erfolgreichen Roman geschrieben, der es ihm erlaubt, finanziell unabhängig zu leben und sich ganz der Erziehung seiner Tochter zu widmen, auf die er sich völlig konzentriert. Rebecca aber ist nun erwachsen, wird ausziehen und nach London gehen.

„Im Wald“ lebt Marcel Mörings Protagonist also schon sehr lange, als Bewegung in sein Leben kommt und der Roman einsetzt: Seine Tochter geht. Seine Mutter, nach Israel ausgewandert – sie sind Juden – und  in den letzten Jahren nur noch selten zu Besuch gekommen, stirbt, und Marcus fliegt nach Israel, um ihren Nachlass zu regeln. Er muss feststellen, dass er nicht nur fast nichts über ihr Leben wusste, sondern auch, dass dort niemand von seiner Existenz weiß. Er beginnt – nach langer Zeit – wieder Fragen zu stellen. Wird er doch noch herausfinden, wer sein Vater war? Seine Mutter hatte ihm dies zeitlebens verheimlicht. Und Chaja? Wird sich ihr Verschwinden doch noch aufklären?

„Im Wald“ erzählt vom Leben des Marcus Kolpa, der sich nach einem Schicksalsschlag von der Welt zurückgezogen hat. In Rückblenden erfährt der Leser von seinem früheren Leben, von der Beziehung zu seiner Frau, seiner großen Liebe, die eines Nachts einfach verschwand.

„Was wirst Du jetzt machen?“, fragte er. „Ich werde mein Kind großziehen. Ich werde atmen. Ich werde Essen kochen und es essen. Und es wird der Tag kommen, an dem ich davon ausgehen muss, dass sie nicht mehr wiederkommt.“

Marcel Mörings Roman erzählt in teils nüchternem, lakonischen Ton, aber dennoch eindringlich von seinem Protagonisten, der es sich abgewöhnt hat, etwas vom Leben zu erwarten und sich von der Welt zurückgezogen hat. Der abgestumpft ist, zumindest ein wenig. Der feststellt, dass es sich doch lohnen könnte, Fragen zu stellen und für Neues offen zu sein. Es ist nie zu spät, um noch einmal etwas zu ändern, auch nicht, um sich selbst zu ändern. Der Leser geht mit Marcus auf seine Reise in die Vergangenheit und schließlich in die Gegenwart, in der Hoffnung, dass doch noch etwas auf ihn wartet. Ein überzeugend gezeichneter Charakter, dieser Marcus Kolpa, mit dem man gern mitfiebert. Und eine gut erzählte Geschichte, in die man nur zu gern eintaucht.

Buchdetails

4 Gedanken zu “„… ich wollte, Du wärst glücklich und würdest es Dir selbst gestatten, glücklich zu sein.“

  1. Es war auch mein erster Möring, mich hatte der Plot einfach angesprochen und ich wurde nicht enttäuscht. Ich werde sicher noch mehr von ihm lesen. Und wenn das Buch einem gefällt, ist es ja eigentlich schön, wenn er nicht so schnell vorbei ist ;-)

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  2. hm, das klingt aber interessant. Und von Marcel Möhring habe ich noch ins etwas gelesen, obwohl mir mein Name schon öfter untergekommen ist. Kommt also auf jedenfalls auf die Liste – ach, wenn es bloß nicht so dick wäre…
    Danke für die schöne Besprechung und liebe Grüsse
    Kai

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  3. Danke für diese schöne Besprechung, die mich unheimlich neugierig auf ein Buch macht, das zum Glück bereits im Regal steht – bisher noch ungelesen, doch das sollte sich möglichst bald ändern! :-)

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