Der Sound, der uns packt

Musik und Bücher – zwei Leidenschaften, die ich gerne miteinander verbinde, weil sich daraus im besten Fall Verbindungen ergeben, die Bereiche verschränken, die nicht unbedingt Berührungspunkte finden müssen. Wie könnte ich da einem (Hör-)buch widerstehen, dessen Cover eine Songliste ziert, die mich an die Mixtapes meiner Jugend erinnert? Gar nicht, ganz genau …

Holly Brickley ist, was Musik und Songwriting angeht eine Kennerin. Das merkt man Ihrer Geschichte, um Joe, den aufstrebenden Musiker und Percy, die Musik liebt, selbst aber glaubt, nur für deren Kritik zu taugen, in fast jeder Zeile an. Selbst die Struktur des Romans orientiert sich an der bereits erwähnten Songliste, die das Cover dieser Liebesgeschichte ziert.

Ein bisschen erinnert die Liebesgeschichte selbst an den 80er Jahre Film „Harry & Sally“ – zwei junge Menschen treffen sich zufällig, irgendwas scheint da zwischen ihnen zu passieren, doch die Umstände sind nicht dafür geeignet, dass sie ein Paar werden. Irgendwie sind sie lose befreundet, dann etwas mehr, dann verlieren sie sich aus den Augen, treffen sich wieder, endlich landen sie miteinander im Bett und danach wird es erst recht schräg. Denn die Erwartungen, die beide in Bezug auf ihre Beziehung haben, sind zu verschieden und ihre eigenen Wünsche noch nicht unbedingt klar. Also herrscht erst einmal absolute Funkstille, bis dann doch irgendwann … naja wer weiß schon was passiert, denn wie das so ist im Leben, bleibt auch diese Geschichte an Ende etwas offen.

Deep Cuts – das sind Songs, die einen tiefen Eindruck bei Menschen hinterlassen. Die sie ihr Leben lang begleiten. Manche Musiker schaffen es, solch einen Deep Cut nur ein einziges Mal zu landen und doch bleiben ihm eine oder mehrere Generationen Hörer*innen ihr Leben lang verbunden. Irgendetwas im Kern des Songs spricht sie an und lässt sie nicht mehr los. So ging es mir beim Hören und dafür gibt es zwei Gründe: Der erste ist unzweifelhaft die packende Lesung von Nora Schulte. Sie führt einen dermaßen nah an die Figuren und deren Beziehung zu einander heran , dass es manchmal schon schmerzhaft ist. Selten zog mich ein Hörbuch so sehr in eine Geschichte, dass ich wie zwanghaft weiter hörte. Schulte verleiht den einzelnen Figuren so gekonnt ihre jeweils eigene Stimme, dass ich von ihnen geträumt habe. Das ist mir ungelogen noch nie zuvor bei einem Hörbuch passiert.

Der zweite Grund ist der Aufbau der Geschichte, den Brickley sich als Gerüst für ihre Coming-of-Age – auch wenn die Personen keine Teenager mehr sind, geht es hier doch um eine Entwicklung in Richtung Erwachsen-Werden – gewählt hat. Man merkt, dass sie selbst viel von Musik und deren Entstehung weiß und so einige eigene Deep Cuts im Gepäck mit sich trägt.

Ob ich das Buch genauso geliebt hätte, hätte ich es mir nicht vorlesen lassen, kann ich nicht sagen. Dieses Experiment könnte ich nur in einem Paralleluniversum durchführen, in dem ich mich zuerst an der Eigenlektüre versuchen müsste. Das Hörbuch aber hat meine Synapsen dermaßen angeregt, dass ich lange Zeit gebraucht habe, um überhaupt zu fassen hier passiert ist. Es haben sich für mich viele Impulse ergeben, mich näher mit angesprochenen Musiker*innen und ihren Biographien zu beschäftigen.

Wie immer, wenn mich etwas extrem begeistert, fehlen mir die richtigen Worte und ich brauche unendlich viel Zeit, um nur ansatzweise das aufzuzeigen, was mir so gefallen hat. Denn auch ich bin, wie Percy im Buch, leidenschaftliche Hörerin von Songs, die etwas in mir auslösen und ja, oft sind es die Texte, die mich neben der Komposition, die mich ansprechen muss, umhauen. Selbst einen Song schreiben, das könnte ich nie – und genau deshalb habe ich großen Respekt davor, wenn man Text und Musik wie aus einem Guss erscheinen. Mit großem Dank an Nora Schulte, die diesen Text für mich zu einem großen Erlebnis gemacht hat.

Deep Cuts von Holly Brickley ist als Hörbuch unvergleichlich von Nora Schulte gelesen im September 2025 bei Der Audio Verlag erschienen und gebunden bei DTV erhältlich. Für mehr Informationen entweder über Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der jeweiligen Verlagsseite.

 

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