Ich mag Stefanie Sargnagl schon länger sehr gern aus mehreren Gründen, vor allem, weil sie als Satirikerin wirklich in alle Richtungen gleichermaßen austeilt. Das manifestiert sich erstens darin, dass sie mit ihrer feministischen „Burschenschaft“ Hysteria schon den rechtsextremen Akademikerball gekapert hat, zweitens weil sie in einer kurzen Satire in der Zeitung Der Standard es schaffte, gleichzeitig Rechte, Linke und Tierschützer mit einem einzigen Text voll fair verteilt alle gemeinsam gegen sich aufzubringen und drittens, weil sie auf einer Demo den Begriff Nippie (Nazi+ Hippie) der sich in den dunklen Ecken des Biosupermarktes herumtreibt, geprägt hat. Eine spannende Frau also, die sich in diesem Reisebericht mit den Kulturunterschieden zwischen Österreichern, Deutschen und Amerikanern aus dem ländlichen Iowa beschäftigt und dies wirklich gut umgesetzt sehr witzig und plakativ geschafft hat, diese ihrem Lesepublikum nahezubringen.
Zu Beginn der Geschichte brennt sie ein Feuerwerk an humorvollen pointierten Analysen der Unterschiede zwischen Deutschen und Österreichern ab, als sie sich mit ihrer Reisebegleitung Christiane Rösinger in Berlin trifft.
Sargnagl lädt die Freundin ein, sie auf einen Collegeaufenthalt nach Iowa zu begleiten, irgendwo im Nirgendwo, genannt Grinnell, an deren Uni die österreichische Autorin eingeladen ist, ein paar Monate ein Seminar in Creative Writing zu halten. Da sich beide Frauen zu Beginn der Reise auch noch gar nicht so gut kennen und sich ein bisschen beschnuppern, lernen wir beide sehr intensiv kennen: mit all ihren Ängsten, Problemen, Stärken, Schwächen, Vorlieben, Marotten und auch wie sie mit ihren unterschiedlichen Positionen, Charakteren und dem Altersunterschied umgehen. Christiane könnte Stefanies Mutter sein und hat einen völlig anderen Hintergrund. Gleichzeitig erkundet dieses inferiore Duo auch die amerikanische Seele der Menschen in Iowa und den american way of life. Sowohl die gebildeten Leute mit Collagehintergrund als auch die ländliche Bevölkerung in Pubs werden sehr witzig, aber dennoch sehr wertschätzend skizziert.
In der Mitte des Raumes sind nebeneinander drei Stände mit Wärmeplatten aufgebaut, auf denen sich Tausende kleine Würstchen unterschiedlicher Form und Struktur drehen. Pork Dog, Vegetable Eggroll, Ranchero Steak and Cheese, Monterey Jack Chicken, Cheesy Buffalo Ranch Chicken, Chicken Caesar, Cheddar Wurst Smoked Saussage. Endlose Variationen von Hot Dogs scheinen sich hier seit Jahren im Eigenfett zu wälzen, Kruste um Kruste aufzubauen wie Panzer gegen Verderblichkeit.
Als ich mit der Hälfte des Buchs durch war, hat Sargnagl zufällig auf Twitter gefragt, ob jemand mit ihr in Wien baden gehen möchte, weil allein ist sie zu faul, um sich aufzuraffen, ihre Freunde wären grad alle krank oder müssen arbeiten. Ich hätte mich fast gemeldet, denn ich glaubte, auf Grund dieses Buchs sie gut genug zu kennen, mich hier anzubiedern. Es war mir aber dann klar, dass ich da echt gruselig rüberkommen würde 🤣 als Fan mit so einem Angebot um die Ecke zu kommen, zumal sie ja keine Ahnung von mir hat. Hab Ihr dann meine Gedanken geschrieben und sie fand es lustig.
In der Interaktion von Christiane, Stefanie und Iowa arbeitet die Autorin auch sehr viele aktuelle Themen humorvoll im Stakkato ab wie: Rassismus, Wokeness, Beziehungen, Körperbild, Essen, Trinken, Saufen, Altern, Künstlertum, Schwangerschaft, Abtreibung, Selbstbewusstsein, Politik,…. Das war am Anfang eine wundervolle gelungene humoristische Verbindung, die aber recht an der Oberfläche bleibt, was zu Beginn ob der pointierten Ironie überhaupt nicht stört. Irgendwann in der Mitte des Reiseberichtes geht Sargnagl dann meiner Meinung nach ein bisschen der Esprit, der Schmäh und der schwarze Humor aus, zumal sie uns auch tatsächlich nichts Neues von Iowa zu berichten hat, das überraschenderweise sehr wenig über die Klischees, die wir schon aus dem Fernsehen kennen, hinausgeht. Das würde nun nicht so schlimm sein, wenn sie mit der Beschreibung von Land und Leuten in Interaktion mit den beiden Protagonistinnen tiefer gehen würde. Aber leider plätschern alle aktuellen Themen inklusive der Analysen noch immer namedroppender Weise witzisch an der Oberfläche herum, es sind nur kurze Skizzen und Schlaglichter, die angesprochen werden. Da war ich vorübergehend mal ein bisschen abgelenkt und gelangweilt. Erst als Christiane abreist und Stefanies Mutti kommt, kriegt das Beziehungsgefüge der Figuren wieder neuen Schwung.
Das Ende hat mir gar nicht gefallen, das möchte ich in die Kategorie verpufft und den Stift (die Tastatur) abrupt fallenlassen, einordnen.
Fazit: Trotz meiner Kritik eine vergnügliche Reise, die ich wärmstens empfehlen kann, wenngleich es sich dazwischen ein bisschen zieht.
Iowa von Stefanie Sargnagl ist im Verlag Rohwolt als Hardcover erschienen. Nähere Infos zum Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite.
