Versuchen Sie einmal in Europa echte Einsamkeit zu finden. Da werden Sie sich aber schwer tun.
Was unser Einen vor eine schier unlösbare Aufgabe stellt, ist dem Norditaliener Paolo Rumiz, Autor von „Der Leuchtturm“, geradezu spielerisch gelungen, denn der wurde einfach gefragt, ob er nicht vielleicht Lust hätte, auf ein kleines Inselchen mit Leuchtturm inmitten des Mittelmeeres zu reisen, um dort echte Einsamkeit zu schnuppern.
Er hat zugesagt. Und daraus ist ein beachtliches Buch entstanden, in welchem der Autor seine drei Wochen auf besagtem Inselchen festhält.
Einem Ort, an welchem es keinen Strand, Fernsehen oder Netz gibt, dafür aber wilden Spargel, Salbei, Zwiebeln und vieles mehr. Denn dieses Kleinod hat schon viele Seefahrer durch alle Zeiten hindurch kommen und gehen sehen.
Und schon am Anfang des Buches wird klar, so einfach wird Rumiz mit den Koordinaten nicht herausrücken, denn er erkennt sofort den Wert dieses Eilands; steht es doch für eine ehemals miteinander verschmolzene Mittelmeerseefahrerkultur, die sich Worte etlicher Sprachen bediente, um eine Kommunikation zu gewährleisten, was auch funktionierte, bis sich laut Rumiz das englische Wort im Mittelmeerraum etablierte.
Und so erfährt die geneigte Leserschaft vieles, was zunächst nur Leute aus dem Mittelmeerraum etwas angeht. Und dafür bin ich ihm zutiefst dankbar; zieht er doch kräftig am geschlossenen Reißverschluss der mitteleuropäischen Blase und öffnet so den Blick für anderes, ebenso Relevantes.
Beraube einen westlich lebenden Menschen seiner Informations- und Kommunikationskanäle und es dauert nicht lange und gar sonderbare Dinge ereignen sich im Kopf desjenigen. So auch bei Rumiz.
Die Phantasie schlägt neue, intensive Wege ein. Zeit verfliegt oder wird schwer wie Blei. Alltägliche Phänomene werden weitaus differenzierter und dankbarer wahrgenommen.
Reflexionen kommen und gehen und neue Kommunikationswege werden erschlossen.
Dieses Buch ist ein Juwel zu nennen und ein unverzichtbarer Teil meiner Meeres- und Küstenbibliothek.
Geruede, nimmt die Herausforderung an und bestellt Seefahrerkarten
Der Leuchtturm von Paolo Rumiz ist 2017 von Karin Fleischanderl übersetzt im Folio Verlag erschienen und befindet sich derzeit im Nachdruck. Für weitere Informationen zum Buch per Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder direkt auf der Verlagsseite.
