Dumm gelaufen für Lyle Bowman, der sich leider bei kleineren Malerarbeiten im eigenen Häuschen etwas schusselig anstellte:
Er verwechselte unglücklicherweise den Becher voller Terpentin für seine Pinsel mit dem Becher voller Medizin und nahm einen herzhaften Schluck daraus. So kam es kurz darauf zum denkbar ungünstigsten Ausgang für den alten Herrn: Auf dem Weg zum Kiosk, wo er sich einen Schokoriegel seiner Lieblingsmarke Cadbury holen wollte, verstarb er.
Bei seiner Beerdigung erschienen, was bei alten Leuten ja traurigerweise häufig normal ist, nicht wirklich viele Menschen. Doch immerhin eine Sensation gab es, neben der Tatsache, dass die Enkelin in der Kirche unpassenderweise „Baby one more time“ sang: Der jüngere Sohn des Verstorbenen, Greg, seit vielen Jahren in Amerika wohnhaft, war tatsächlich der Bitte seines Bruders Billy gefolgt und nach England zurückgekommen, um dem gemeinsamen Vater die letzte Ehre zu erweisen.
Die Brüder – seit Jahren verkracht – beginnen, sich neu zu beschnuppern.
Weil ihn die Ehefrau Billys nicht leiden kann, übernachtet Greg im leerstehenden Elternhaus – und dort fängt der ganze Spaß an, denn – und das ist kein Spoiler, sondern wird auch schon auf dem Buchrückentext mitgeteilt – Lyle Bowman kommt zurück. Nicht als Gespenst, eher als äußerst freundlicher Geist. Er sucht auch keine Leute heim, er bleibt brav in seinem Haus, verabredet sich zum abendlichen Plauderstündchen mit seinem verdutzten Sohnemann Greg – aber ansonsten bleibt seine „Rückkehr“ unbemerkt.
Das Thema in „Der Vater, der vom Himmel fiel“ ist nicht neu, da beißt die Maus keinen Faden ab. Selbst Hollywood hat das Thema „Mensch kommt als Geist zurück, um noch ein paar Sachen auf Erden zu regeln“ schon vor vielen Jahren aufgegriffen, als es den herrlich romantisch-schnulzigen Film „Ghost“ ins Kino brachte.
Nun ist Lyle also wieder da, ein paar Stunden abends für einen begrenzten Zeitraum und verstörenderweise in Frauenkleidern. Und natürlich, das ahnt man, hat er einen bestimmten Grund für seine kurzfristige Rückkehr. Er möchte gemeinsam mit seinem Sohn die Vergangenheit ein wenig aufarbeiten, den Streit zwischen den Söhnen ein für alle Mal beenden, den alten Onkel Frank, Lyles Bruder, aus seiner selbstverschuldeten Einsamkeit herausholen und dies und das noch bereinigen.
Die Idee ist gut und lustig, stellenweise gelingt die Umsetzung auch, aber stellenweise eben auch nicht. Da wirkt das ganze Unterfangen doch sehr bemüht, zäh, uninspiriert.
Es gibt Szenen, die sind gut, da muss man laut lachen, zum Beispiel, wenn Greg die alte Pelzstola seiner Mutter im Garten verbrennt, weil sein Vater und er in den nächtlichen Sitzungen beschlossen haben, dass Billys Frau sie nicht bekommen soll. Doch auch die alte Nachbarin von Lyle, das neugierige Pendant zur Else Kling aus der „Lindenstraße“, hätte das schicke Teil gern gehabt und so ruft sie beleidigt die Polizei.
„Sind Sie Gregory Bowman?, fragte der [Polizist] neben ihm.
„Ja, bin ich. Ist irgendwas passiert?“
„Kann man wohl sagen. Wir haben einen anonymen Hinweis erhalten, dass Sie hier heimlich einen Hund verbrennen.“
Als Greg zu Mrs. Turtons Haus hinübersah, wurde dort hastig die Gardine vors Fenster gezogen.
Doch gegen Ende wird es leider immer seltener slapstickartig witzig, sondern klingt ab und an – ich lehne mich etwas weit aus dem Fenster mit dieser Aussage – nach Schulaufsatz. Da werden so banale Sätze aneinandergereiht, dass man kurz überlegt, ob das fast schon wieder genial ist, weil so simpel und lapidar – doch dann überkommt einen schnell wieder das Gefühl, dass es wohl doch einfach nur pure Unlust ist. Als wolle da jemand seine grundsätzlich gelungene Idee ENDLICH zu einem Ende bringen, um sich aufzuschwingen zu neuen Taten.
Fazit: Leichte, unbeschwerte Lektüre für die Ferien, für den Strand, für die Überbrückung im Wartezimmer oder auf dem Flughafen, wenn man nicht den Kopf frei hat, um anspruchsvollere Texte zu lesen. Aber nichts, was nachhaltig in Erinnerung bleiben würde.
Buchdetails:
- Aktuelle Ausgabe: 23. August 2017
- Verlag: Diogenes Verlag
- ISBN: 978-3-257-06987-7
- Gebunden, Leinen, mit Schutzumschlag: 352 Seiten
*kicher*, ich finde Füße, ähnlich wie Billy gruselig, aber es ist natürlich dennoch EXTREM überdreht, was da abgeht … 😉
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Ich habe es ja nicht bis zum Ende durchgehalten. Ich finde Füße okay, aber die Figur des Bruders, der eben dieses Ding mit den Füßen am laufen hat, fand ich auch so … unausgerreift. Schade, einfach schade.
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*gacker* das mit den Füßen gefiel mir irgendwie, das war so abgespaced skurril, und ziemlich eklig (du siehst mit Füßen hab ichs nicht so, die Idee fand ich herrlich. Mich nervte der Vater, der war so beliebig und uninspiriert ebenso wie das Ende
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ja, es gab durchaus gute Ansätze, aber ich hatte hier einfach das Gefühl, es wurde versucht, einzelne Ideen, die ja spannend waren (nun nicht alle, ich denke da an Füße ;)) irgendwie miteinander in eine Geschichte zu packen … Wirklich schade.
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Ja, nach dem „Letzter Bus nach Coffeeville“ der mir ausgesprochen gut gefiel, was dieser Roman eine echte Enttäuschung. Schade.
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