Beim Anblick des Buchcovers öffneten sich in meinen Gedankengängen sofort etliche Türen und Bilder. Bei dem Wort ‚Bim Bam‚ ging bei mir die Assoziationskette Glocken -> Genitalien -> Missbrauch -> Messdiener -> Heilige geweihte Kirche (bzw. ihre schwarzen Schafe) los. Ein Buch über Missbrauch? Mitnichten, es ist eine Biographie mit der glaubhaften Erzählung von Ralf Prestenbach, wie die Kirche es geschafft hat ihn vom Glauben abzubringen. Und es hat mich positiv überrascht, weil es einfach lustig ist, auch ohne die abgenutzten Vorurteile über die Kirche zu bedienen.
Ralf Prestenbacher wurde 1970 geboren und schnell schon ist sein Leidensweg klar – er soll Pater werden. Seine Eltern nennen ihn schon in der Wiege Pater, was ihm nicht ganz recht ist.
„Schon wieder hatte mich Mama Pater Ralf genannt – aber wenigstens blieb mir dieses eine Mal der Triumph über Eva. Ich war ein Mann. Die Krone der Schöpfung. Ein angehender Messdiener.“
Schon früh bekommt er mit, der Herrgott sieht alles:
„Na klasse. In was für einen Schlamassel war ich hier geraten? Die Welt meiner Eltern war ein totalitärer Überwachungsstaat, regiert von einem unsichtbaren Despoten. Oder anders ausgedrückt: Willkommen bei den Katholiken.“
Als Junge geboren worden zu sein, war doch schon was anderes als so ein blödes Mädchen, wie seine ältere Schwester Jutta. Schon die Bibel lehrt einen, das Mädchen oder Frauen alles schlechter können als Männer. Autofahren, Rülpsen, Angeben oder Schubsen. Deshalb bekam Mama auch so wenig Haushaltsgeld von Papa. Als Junge und Messdiener aufzuwachsen hat doch so seine Vorteile. Doch so ganz gefiel es den Menschen um Ralf nicht, wenn dieser die Bibel wortwörtlich zitierte. So sollte das doch auch nicht gemeint sein. Doch nur wenn man selber seinen Vorteil daraus ziehen kann. Und so lernt Ralf schnell, wie verlogen und kleinkariert die Menschen in der katholischen Kirche sind. Eben keine Diener Gottes:
„Ich glaubte nur nicht mehr, dass ausgerechnet Priester, Bischöfe und der Papst einen besseren Draht zu diesem Wesen haben sollten als ich. Was bildeten sich diese Pfaffen eigentlich ein? Die meisten von ihnen kamen doch selbst nicht klar. Gut es gab Ausnahmen, aber der große Rest? Chronische Besserwisser oder feiste Kleingeister, die das Leben nach dem Tod für wichtiger hielten als das Leben davor. Duckmäuser, die lieber vom himmlischen Frieden predigten, anstatt gegen irdische Ungerechtigkeiten anzukämpfen.“
Die kirchlich gelebte Auslegung der Schrift des HERRN ist Ralf Prestenbacher doch zu sehr dem Vorteil manch weniger zugeschnitten und hat nichts mit Vergebung oder Gleichheit zu tun:
„Angeblich waren vor dem HERRN ja alle Menschen gleich – doch für Punks, Andersdenkende, Anderslebende und all jene, die Fragen stellten, schien das in der katholischen Kirche nicht zu gelten.“
Auch die Frage nach dem Glauben an den einzigen Gott, die ja vehement seitens der katholischen Kirche (und auch anderer Kirchen) als eindeutig zu beantworten ist (und alle fallen der Verdammung anheim, die anders glauben), ist letztendlich dem Zufall der Geburt geschuldet.
„Ob jemand an einen oder mehrere Götter glaubte, ob er Jesus Christus als Messias betrachtete oder Mohammed als Propheten – all das hing in erster Linie davon ab, wo er herkam und mit welchen Vorstellungen und Werten er erzogen wurde.“
Wie gesagt, alles Erkenntnisse, die er ‚inside‘ der Kirche gemacht hat und die aber auch viele von uns sicher bestätigen können. Dabei kritisiert der Autor zwar in mancher Schärfe die Kirche, wird aber nie ausfallend. Witzig, aber nie hetzend führt uns Ralf Prestenbacher durch seine Jugend und die Erkenntnis, die ihm letztendlich für sein Leben geblieben ist. Leben und leben lassen! Da das die Kirche bis heute nicht versteht, ist er dann doch kein Pater geworden.
„Ralf Prestenbacher wäre um ein Haar katholischer Priester geworden. Doch als ihm dämmerte, dass der Mensch sich nicht durch seinen Glauben, sondern durch seinen Verstand an die Spitze der Nahrungskette gekämpft hatte, wählte er die dunkle Seite der Macht und eröffnete einen Musikclub und eine Strandbar in Koblenz am Rhein“,
erfährt man am Anfang des Buches. Recht so! Ein humoriges, ironisches Buch, das nie den Zeigefinger erhebt, sondern nur die Erlebnisse des Autors schildert. Wichtig, dass es Menschen mit Verstand in der heutigen Zeit gibt.
Buchdetails:
- Aktuelle Ausgabe : 16. März 2015
- Verlag : Blanvalet
- ISBN: 978-3-442-38334-4
- Taschenbuch: 256 Seiten
Interessante Assoziationen 😉 bei mir wäre es dann doch eher „Bum“ und jobbedingt der Heimgehsong.
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