Back to life, back to reality

Ein großer Hof inmitten ländlicher Idylle, die nächste Stadt kilometerweit entfernt. Für viele Städter der Inbegriff von Romantik und vielleicht sogar ein Lebenstraum. Doch was, wenn dieser Lebensentwurf für viele Jahre die harte Realität war, vor der man floh? Weit weg, Hauptsache keine Landwirtschaft in Sichtweite?

Maria ist Mutter zweier Teenie-Töchter, alleinerziehend und gestresst. Umso mehr freut sie sich über den anstehenden Wandertrip mit Freunden und den Teenie-Gören, endlich mal wieder raus aus der Großstadt … doch gerade, als sie auf der Berghütte angekommen sind, erreicht Maria ein Anruf ihrer Mutter: Sie muss nach Hause kommen, denn der Vater ist im Krankenhaus und der Einsiedlerhof mitten im fränkischen Nirgendwo bewirtschaftet sich nicht von selbst.

Wie durch einen Nebel voller ängstlich-trüber Gedanken braust Maria über die Autobahn zum elterlichen Hof, wo die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Die demente Großmutter erkennt sie nicht mehr, dafür hat diese so viele Äpfel geschält, dass man ein ganzes Dorf damit sattkriegen könnte. Die Schweine sind hungrig, die Muttersau hat Fieber, Marias Gummistiefel von früher passen noch mit Ach und Krach, aber als sie sie ausziehen will, gehen sie nicht mehr ab … wie hatte sie nur vergessen können, dass man niemals barfuß in Gummistiefel steigt?

Nichts von all diesem Chaos hat Maria kommen sehen, so sehr war sie in ihr Großstadtleben vertieft, hatte sie den Gedanken verdrängt, dass die Eltern auch älter werden, und nie hatte sie vor, wieder länger auf diesem riesigen Hof zu bleiben, seit sie damals nach dem Abitur endlich in die weite Welt hatte ziehen können.

Doch nun wird sie mit aller Wucht mit der Gegenwart konfrontiert, plötzlich ist alles, was sie als Kind und Jugendliche hier erlebt hatte, wieder so präsent, als wäre es erst gestern passiert und ab diesem Moment beginnt der Roman auf zwei Zeitebenen Marias Geschichte zu erzählen, eine wunderbare Geschichte über das Leben um, mit und auf diesem Hof. Die Protagonistin erinnert sich einerseits an ihre Kindheit und Jugend, den groben, entbehrungsreichen und den Jahreszeiten unterworfenen Lebensstil in diesem Zuhause, den städtischeren Stil, den sie durch die weit entfernte Schule erlebt (und so sehr liebt und bewundert!), und an die innere Zerrissenheit, weil beide Welten zu ihr gehören. Andererseits sind wir als Leser*innen im Hier und Jetzt mit dabei, wenn die Sorgen um die Eltern, der seit langer Zeit vor sich hin brodelnde Streit mit dem Bruder und die täglichen Themen mit den Teenagermädels hochköcheln.

Alle familiären Themen von damals und heute werden klug vernetzt, man lacht, man weint und man mag eigentlich nicht, dass dieses perfekte Sommerbuch so schnell wieder endet! Und dann wird in dieser Geschichte so viel vom Brotbacken berichtet, dass man sich nach der Lektüre sofort in die Küche stellen will, um selbst eins zu fabrizieren.

Fazit: Tolle Unterhaltung mit Tiefgang bietet dieser locker-leichte und wunderbar geerdete Roman von Martina Bogdahn.

Mühlensommer von Martina Bogdahn ist im April 2024 als Hardcover im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Mehr Informationen gibt es über einen Klick auf den Verlagsnamen oder das Buchcover.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..