Der magische Olivenbaum

Ein Krimi als Wohlfühllektüre? Schon ein bisschen schräg, geht es doch meist um Mord und Totschlag. Doch was Luca Ventura mit seiner Reihe um die beiden auf Capri ermittelnden Kollegen Enrico Rizzi und Antonia Cirillo geschaffen hat, ist genau das für mich: Wohlfühllektüre. Vielleicht liegt es daran, dass ich Capri kenne, Italien trotz all der auch dort vorhandenen Schwierigkeiten die unsere komplexen Gesellschaften mit sich bringen nach wie vor (m)ein Sehnsuchtsland ist oder ganz einfach an der Tatsache, dass Ventura Krimis schreibt, die ich nicht aus der Hand legen kann. Grünes Gold, ein einzigartiges Olivenöl, steht dieses Mal im Mittelpunkt des Falles, den Rizzi und Cirillo mal wieder als Handlanger der Festlandpolizisten aus Neapel mit Bravour lösen.

Das Gefälle, das wir in Deutschland zwischen dem Norden und dem Süden, dem Westen und dem Osten der Republik doch auch irgendwie kennen, gibt es in Italien natürlich auch. Der Norden blickt – noch immer – etwas hochmütig auf den – zumindest früher – armen Süden. Dieses Gefälle existiert allerdings auch im Kleinen und Ventura zeigt das wunderbar in der Zusammenarbeit zwischen den etwas snobistischen Festlandpolizisten aus Neapel und den Inselpolizist*innen auf Capri. Tatsächlich aber sind die Capresen den Neapolitanern immer etwas voraus, was nicht nur an ihrer Ortskenntnis liegt. Sie haben einfach das gewisse Etwas auf ihrer Seite und vor allem Rizzi weiß, bei wem er gewissen Informationen erhält. Denn auch im Land, wo die Zitronen und die Oliven so wunderbar gedeihen, ist nicht alles Gold, was glänzt.

Trotz der wunderbaren Kulisse auf Capri und des menschlichen Umgangs miteinander, bis zur Grenze von Anacapri – sogar auf der Insel selbst ist das Gefälle zu spüren – gibt es auch hier gewisse Abgründe. Abgründe, die von Enttäuschungen in der Vergangenheit rühren, wie Ventura im Lauf der Geschichte aufdeckt. Dabei macht er es mir jedes Mal wieder extrem leicht, in einen neuen Fall einzutauchen.

Im mittlerweile sechsten Band seiner Capri-Reihe werden Rizzi und Cirillo zu einem Fall gerufen, der zunächst nicht als das erscheint, was er ist: ein kaltblütiger Mord. Ein Mann, man kennt nur seinen Vornamen, er ist nicht von der Insel, fährt aber seit einiger Zeit täglich mit dem Sessellift auf den Monte Solaro, ist quicklebendig in selbigen an der Talstation eingestiegen und tot oben angekommen. Papiere oder Mobiltelefon hat er nicht dabei. Tatsächlich ist er aber nicht an einem plötzlichen, schweren Herzinfarkt oder ähnlichem gestorben, sondern wurde ermordet.

Wieder einmal müssen Rizzi und Cirillo ihren Eingebungen folgen und auch manches Mal nicht ganz korrekt vorgehen, um herauszufinden, was der Tote auf der Insel wollte und wen er dort alles kannte. Dass ihnen die Leitung der Untersuchungen weggenommen und dem hochnäsigen Kollegen aus Neapel übergeben wird, ist nichts Neues für die beiden und so halten sie sich nicht damit auf, dagegen aufzubegehren, sondern decken ganz einfach die Beziehungen auf, die Täter und Opfer zusammenbringen.

Da Polizist*innen ja auch ein Privatleben haben, erfährt man nun auch etwas mehr über die Hintergründe von Cirillos Strafversetzung nach Capri. Mittlerweile wohnt auch ihr Sohn bei ihr und wie es scheint, fühlt er sich auf Capri schon richtig wohl. Insofern liegt der Fokus in diesem Band ein wenig mehr auf Cirillos Hintergrund, als auf Rizzis, dessen Lebensumstände ja auch bereit bekannter sind.

Auch wenn ich vielleicht irgendwann ein bisschen geahnt haben mag, wer der / die Täter*innen sein mögen, so hatten die Beweggründe, die zum Mord führten überhaupt nichts mit meinen Vermutungen zu tun. Spannend, logisch und wunderbar erzählt, hat mich Grünes Gold sofort abgeholt und mir eine wunderbare Auszeit beschert. Grazie mille für den Ausflug auf die Insel.

Grünes Gold von Luca Ventura ist am 26. März 2025 als Paperback im Diogenes Verlag erschienen. Für mehr Informationen zum Buch durch Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

2 Gedanken zu “Der magische Olivenbaum

  1. Wie schön, das ist im Moment echt meine liebste Krimireihe. Wobei ein zwei andere hab ich auch noch, aber Italien ist halt einfach unschlagbar. Dann wünsche ich gute Lektüre und einen wunderbaren Aufenthalt im Land, wo die Zitronen blühen. Darf ich fragen, wohin es geht? Dieses Jahr scheinen alle nach Italien zu fahren … nur ich nicht :( Aber ich war ja letztes Jahr ein paar Tage in Rom … LG, Bri

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  2. Bei mir liegen auch zwei seiner Krimis für die nächste Italien Reise bereit – ich freu mich schon drauf :) Ganz liebe Grüße, Sabine

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