Nicht er! So der Aufruf der Linken als es um die Wahl Bosonaros in Brasilien ging. Zu finden auf Wänden, gedruckt auf T-shirts und nicht ungefährlich für die Träger- oder SprayerInnen.
„Brazilian Psycho“ von Joe Thomas ist mit Lobeshymnen vom Guardian, Publisher‘s Weekly versehen, Vergleiche mit James Ellroy und Don Winslow werden angestellt, doch kann ich mich diesen leider nicht anschließen.
Winslows Kartelltrilogie gehört zum Besten was ich je in dieser Richtung gelesen habe. „Kings of Cool“ war faszinierend frisch und stilistisch fast unverschämt gut. Winslows Thriller leben auch von ihrer makabren und wehmütigen poetischen Untertönen, die seinen Charakteren Leben einhaucht.
Joe Thomas Protagonisten dagegen bleiben blass, eindimensional, es macht Mühe sich ihre Namen zu merken und die versuchte Mystifizierung des bösen Strippenziehers Rafa im Hintergrund verkommt zu einem miesen Comic. Die Schilderungen des Molochs Sao Paulo (sorry, ich finde das ~ Zeichen zwar, krieg es aber nicht über die dazugehörigen Buchstaben, denkt es einfach an auf das a, nochmals sorry an alle BrasilianerInnen), der Favelas der Welt der Reichen und Schönen, all das erzeugt keinerlei Atmosphäre bei mir. Gedruckte Buchstaben die im Kopf keinen Film entwickeln.
Die Geschichte die erzählt wird ist altbekannt. Zuviele Menschen schaffen es gerade so zu überleben unter widrigen Bedingungen, die Regierung schafft es nicht die Zustände zu ändern, Kriminalität, Gewalt, Korruption und Hunger auf der einen Seite, White Collar Kriminalität, Machterhalt und Gier auf der anderen. Die Reichen genießen den Luxus in der Sicherheit ihrer bewachten Umgebung. So werden Demokratien zerstört. Die USA sind das beste Beispiel für den Aufstieg eines Populisten. Deutschland befindet sich auf demselben Weg denn ein Satz in diesem Roman, es war wirklich der einzige trifft die Chose:
„<<Wenn die Armen die Rechten wählen,>> sagt Franginho, <<dann geht alles den Bach runter>>.“
Politisch Interessierte wissen, dass Brasilien letztendlich Bolsonaro wieder los wurde. Glück gehabt. Das geht nicht immer gut. Wer falsch wählt kann sehr schnell gar keine Wahl mehr haben. Für die wirklich sehr Reichen hat dieser Machtwechsel praktisch nie Folgen, man arrangiert sich, und wer braucht schon eine Mittelschicht.
In „Brazilian Psycho“ wird der Niedergang vieler Menschen, der demokratischen Werte und der Aufstieg der Profiteure rund um den Kriminalfall des erschlagenen Direktors der British International School erzählt, gesellschaftspolitische Blitzlichter beleuchten das Szenario und am Ende, nach etlichen Toten wird Bolsonaro siegen. Auch der unkorrumpierbare Kriminalermittler erzeugt wenig Interesse beim Lesen. Als Thriller konnte der Roman nicht überzeugen, episch ist er nur in seinem Seitenumfang. Schade.
Brazilian Psycho von Joe Thomas ist im Februar 2024 als Paperback mit Klappenbroschur bei btb erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.

