Jetzt liegt sie wieder vor uns: die kalte Jahreszeit, in der der Garten (und der Gärtner!) ruhen darf. Gerade noch hat uns unser grünes Paradies vor dem Haus auf Trab gehalten: Stauden verkleinern, Unkraut jähten, verblühte Pflanzen entsorgen, Zwiebeln stecken, Neues pflanzen, Altes zurückschneiden. Und dann die Blätter! Was haben wir geharkt … kaum sind die letzten Birkenblätter in Hamburg vom Wind heruntergefegt worden, schon stehe ich mit meinem Laubsack da und räume auf … Hie und da noch ein Häuflein Laub liegen lassen für die Igel, uff … geschafft 😉 Nun darf man sich ENDLICH ruhigen Gewissens aufs Sofa fallen lassen und in anregender Fachliteratur blättern!
Ich gebe zu: Ich bin ein totaler Garten-Anfänger. Als wir vor drei Jahren in unser Haus zogen, war der Garten von der Vorbesitzerin perfekt angelegt und wir haben ihn exakt so belassen. Tja, nur hatte ich da nicht die Natur miteinberechnet: Nach drei Jahren hatte der Giersch das Ruder an sich gerissen, er war der klare Chef im einen Beet. Auf der anderen Seite, wo einst weiße Margeriten in üppiger Zahl wuchsen, hatte sich eine gelb-bräunliche Staudenpflanze wild eingesät, breit gemacht und alles andere verdrängt. Puuhh … also folgte ich dem Tipp meine Supergärtnerfreundin und suchte mir im Internet schöne Pflanzen zusammen, plante meine Beete neu anhand eines Zettels, auf dem ich alles aufmalte, und war begeistert. Problem: Als ich mit dem Zettel zum Gartencenter kam, lachte der Mann vergnügt und meinte: „Min Deern, da bist du ’n büschen spät.“ Gut, dass all die Pflanzen bereits ausverkauft, eingepflanzt und eigentlich schon wieder verblüht waren, hatte ich bei meiner Recherche nicht bedacht. Fazit: Internet schön und gut, aber ich muss erst mal alles von der Pieke auf lernen – und sowas geht bei mir nur mit einem echten Buch in der Hand.
Kurz darauf liegt das gute Stück vor mir: „Das Praxis-Handbuch Garten“ von Matthew Biggs, John Cushnie, Bob Flowerdew und Anne Swithinbank scheint die richtige Wahl zu sein. Die Autoren sind vier erfahrene Gartenexperten aus England, die seit Jahren Gartenbesitzern Rede und Antwort stehen in der äußerst beliebten BBC-Radio-Sendung „Gardeners‘ Question Time“. Das vorliegende Handbuch (Was kleiner klingt, als es ist! Es handelt sich um einen wunderbaren Wälzer im Bildbandformat) bündelt das geballte Wissen der vier Koryphäen, schön und, wo nötig, praxisnah bebildert (hauptsächlich) von Mark Winwood und Jonathan Buckley.
In zwölf Kapitel ist der Ratgeber unterteilt, beginnend bei der Planung über Sonderkapitel zu „Boden“, „Rasen“ und „Hecken“ bis hin zu der eigentlichen Bepflanzung. Auch das zeichnet das Buch aus: Nicht nur die sichtbare Krönung des Gartens, das „blühende Paradies“, wird ausführlich besprochen, sondern eben auch der Rahmen, den ein gepflegter Rasen und eine Hecke darstellen – auch wenn sie weit weniger spektakulär sind als eine wunderbare Blütenpracht. Auch bauliche Maßnahmen werden nicht ausgeklammert, der gärtnernde Leser kann sich Anregungen holen zur weiteren Gestaltung. Seien es Tipps zum Bau einer Pergola, zum Verlegen einer Zuwegung, zum Gestalten von Torbögen (z.B. aus Haselzweigen) oder praktische Hinweise zu so schlichten Themen wie „Wie hebe ich einen alten Baum mittels Seilwinde aus?“ – hier findet sich alles!
Kenner der Materie schätzen auch Informationen dazu, wann und wie man am besten Pflanzen oder Bäume verpflanzt und welche Zeit die beste ist, um „Schnitt- und Erziehungsmaßnahmen“ zu ergreifen. Als jemand, der bereits rabiat Rosensträucher zugrundegeschnitten hat, kann ich Hilfestellungen zu diesem Thema sehr gut annehmen. Nichts ist demütigender, als im Frühjahr den Blick in die Gärten der Nachbarn schweifen zu lassen, nur um festzustellen, dass MEINE Rose die einzige ist, die sich nicht von dem Zurückschneiden im Herbst erholt hat …
Spannend (und das meine ich ernst!!) ist auch das Kapitel „Vermehrungsmethoden“, in dem verraten wird, wie man aus einem einzelnen Blatt seiner Lieblingszimmerpflanze (denn auch die „Indoorbepflanzung“ wird nicht vergessen) zahlreiche Jungpflanzen gewinnen kann, indem man das Blatt anritzt und in Stecklingserde legt, gut wässert, beschwert und … abwartet! Nach geraumer Zeit (bis zu Monaten) wachsen an den aufgeschnittenen Stellen neue kleine Pflänzchen. Unfassbar!
Und wer, wie ich, mit Unmengen von Unkraut zu kämpfen hat, kann selbstverständlich auch hier Hilfe bekommen – auch wenn diese Tipps eher etwas für Vollzeitgärtner als für „Normalos“ sind, denn welche Mutter von zwei noch zu Hause lebenden Kindern hat bitteschön MINDESTENS EINMAL die Woche den Nerv, den guten Giersch mit Wurzeln auszustechen?!?!? Und bei meinem Glück würde ich vor allem meine neuen Setzlinge entwurzeln … nönönö. Der Giersch ist gerade weg, ich habe das Beet neu angelegt, das muss für die nächsten Jahre (ohne regelmäßige Pflege) reichen 😉 Und ich halte es mit dem Tipp eines sehr pragmatischen Nachbarn: „Beim Giersch hilft nur, ihn zu essen!“
Bewusst weniger praxisnah ist der Band „Frauen und ihre Gärten – Gartengestalterinnen verraten ihre Geheimnisse“ angelegt. Hierbei handelt es sich um ein gelungenes Fachbuch, das mit Wissen punktet, das sich gleichzeitig aber auch auf jedem „Coffeetable“ gut macht. 14 Gartengestalterinnen plaudern im Gespräch mit Autorin Kathrin Hofmeister aus dem Nähkästchen, verraten Tricks und Tipps und geben Einblicke in ihre Vorgehensweisen. Farbenprächtige, stimmungsvolle Fotos, herrlich eingefangen von Elke Borkowski, geben dem Buch einen zusätzlich wertigen Charakter. Wer nach Impulsen sucht, Ideen für die nächste Gartenumgestaltung sammelt, wird hier glücklich werden! Kathrin Hofmeister portraitiert die gärtnernden Damen einerseits, andererseits gibt es bei jedem Kapitel eine schön gestaltete Kolumne, in der Insidertipps/Geheimnisse der Expertinnen erfragt werden. Viele der Damen arbeiten mit Farben als Kontrapunkten, mit Gegensätzen oder schlicht mit dem Dauerbrenner der Tipps schlechthin: Weniger ist mehr! Skizzen mit Legende und Angaben zur Größe der Gärten runden das „Garten-Schmankerl“ ab.
Ein Buch, das einen träumen lässt, davon, wie wunderbar der eigene Garten werden könnte, wenn man ihm sein Leben widmen würde (Was man vor Eintritt ins Rentenalter wohl kaum tun wird, aber sei’s drum.), davon, wie man mit oft erstaunlich wenigen Mitteln einen normalen Garten in ein Schmuckstück verwandeln könnte, wenn man wollte und davon, dass es auch im unwirtlichsten Novembersturm noch Klarheit darüber gibt, dass der nächste Frühling – und damit die nächste Blütenpracht – kommen wird! Das rettet einen über jeden noch so kalten Winter!
Fazit: Zwei äußerst unterschiedliche Bücher zum Thema Garten. Beide eignen sich – und das ist das erste Mal dieses Jahr, dass ich das sage, denn nun steht das Fest ja wirklich fast schon wieder vor der Tür – hervorragend als Weihnachtsgeschenke für Gartenliebhaber. Wer noch etwas Basiswissen und praxisnahe Informationen braucht, dem empfehle ich das erstgenannte Buch, wer vor allem Inspirationen und Ideen sucht, dem sei der zweite Band sehr ans Herz gelegt. Oder man schafft ein perfektes Kombigeschenk und legt beide unter den Weihnachtsbaum 😉
Beide Bücher sind in der Deutschen Verlags-Anstalt erschienen. Nähere Infos zum jeweiligen Buch über einen Klick auf das Cover im Beitrag oder auf der Verlagsseite.