Reine Oberfläche

Ich gebe es ja zu, tatsächlich lasse ich mich oft davon leiten, wie ein Buchcover auf mich wirkt. Und wenn wir ehrlich sind, ist das ja auch die Aufgabe eines Covers, Menschen dazu zu bringen, ein Buch in die Hand zu nehmen, näher zu betrachten, es im besten Fall zu kaufen und zu lesen. Aber wir wissen auch alle, dass der Spruch „don’t judge a book by its cover“ in vielerlei Hinsicht wahr sein kann. Ein Buch, dessen Cover mich anzieht, hat es leichter, ins heimische Bücherregal zu wandern. Pluspunkte, die diesen Drang meinerseits verstärken sind ein gut geschriebener U-4 Text, der inhaltlich bitte auch zutrifft, und wenn es kein Debüt ist, der Name der Autorin, des Autors – ich habe Vorlieben. Es gibt Autor*innen, die mich trotz unterschiedlicher Themen und literarischer Stile noch nie enttäuscht haben und gibt es gibt andere, von denen ich ein, zwei Bücher großartig fand, andere dagegen nur so làlà. Das ist nichts außergewöhnliches und ich bin mir sicher, ihr kennt das alles auch. Langer Rede kurzer Sinn: Das Cover, das mich verleitet hat, das Debüt von Emily Dunlay lesen zu wollen, wurde unterstützt von einem ansprechenden U-4 Text. Allerdings hat die Lektüre nicht ganz das gehalten, was ich mir erwünscht oder versprochen hatte.

Emily Dunlay hat einen Roman geschrieben, der im Kern die Selbstermächtigung einer jungen (ja, ich halte Mitte Dreißigjährige für jung) Frau beschreibt. Der Rahmen, den sie dafür gewählt hat, ist so, wie die Welt, in der Teddy leben möchte: Glitzern, 60er Jahre, Rom. Immer wieder wählten Filmemacher die Ewige Stadt als Kulisse für Geschichten, die viel mit Liebe und / oder Geheimnissen aller Art zu tun haben.

Dunlays Hauptprotagonistin verschlägt es aus der texanischen Heimat, wo sie als höhere Tochter einer wohlhabenden und einflußreichen Familie gut behütet aufwuchs und bald  aufgrund ihres Alters als nicht mehr vermittelbar gilt, was eine Heirat angeht, nach Rom. Sie hat es nämlich doch geschafft und ist nun die Ehefrau eines amerikanischen Botschaftsangestellten in Rom. Was David da so genau tut, ist ihr und ehrlich gesagt mir ebenso lange nicht klar gewesen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass Teddy sehr stark um sich selbst kreist. Sie hat ein paar dunkle Flecken in ihrer Vergangenheit, die wir heute als lächerlich bezeichnen würden, die in den 60er Jahren gerade in Texas aber offensichtlich als verwerflich galten.

Das Frauenbild, das Dunlay hier mit ihrer Hauptprotagonistin zeichnet, ist eher aus den 40er oder 50er Jahren in die 60er transferiert. Andere Frauenfiguren im Roman allerdings sind ganz anders angelegt. Teddy will gefallen, will nicht anecken, dazugehören und andererseits möchte sie endlich von diesen Zwängen frei sein. Sie liebt den Glamour, den sie über die Botschaft erlebt, der aber genauer betrachtet mit seinen Geheimnissen und Oberflächlichkeiten eher nach Hollywood passt. Was Menschenkenntnis angeht ist Teddy ein wenig unbedarft. Und ich glaube, das hat mich am meisten an ihr genervt. Ein Qualitätsmerkmal für den Roman ist mein Grad an Genervt-Sein nicht, ich denke aber tatsächlich, dass Dunlay hier viel Potential des Plots verspielt hat, indem sie die unzuverlässige Erzählerin Teddy eher linear gezeichnet hat.

Auch die Struktur des Romans ist eher linear angelegt. Zu Beginn erleben wir mit, wie Teddy von zwei Männern in ihrer und Davids Wohnung befragt wird. Durch Andeutungen wird klar, hier ist etwas passiert, das nicht alltäglich ist. Doch Teddy erzählt mitunter ausschweifend und um Erklärungen bemüht, wie es zu den Vorfällen, zu denen sie befragt wird, kam. Das ist anfangs interessant, wird aber mit der Zeit langweilig. Zwei lineare, abwecheselnd erzählte Steänge, die In Rückblenden vieles über Teddys Leben in Rom, die Botschaft, das Personal dort, allen voran den Botschafter und seine Frau, aber auch über die Familie Huntley, der Teddy entstammt, preisgeben. Dabei wirkt Teddy immer wie der Spielball aller anderen Personen. Und im Grunde ist sie das auch.

Erst kurz vor Schluss und dabei reichlich überhastet, wenn man von den Längen im Text vorher ausgeht, wird das Ausmaß dessen, was Teddy herausgefunden hat und der Konsequenzen ihres Handelns aufgrund dieser Informationen klar. Schlussendlich wird es ihr wohl möglich sein, sich tatsächlich selbst zu ermächtigen. Mir ist klar, was Dunlay mit den vielen Erzählungen um diese Selbstermächtigung herum zeigen möchte, doch die Art der literarischen Umsetzung ist in Teilen so hölzern, wie Teddys Versuche ein Leben nach ihren Vorstellungen zu führen.

Teddy von Emily Dunlay ist am 15. Mai 2025 als Hardcover in der Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann im Kindler Verlag erschienen. Für mehr Infos zum Buch per Doppelklick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

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