Nordische Grünzeug-Kulinarik für Experimentierfreudige Köch*innen

Immergrün“ nennt Autor Mikkel Karstad sein Buch der nordischen Gemüseküche. Es ist nicht nur in herrlich sattem Dunkelgrün und hellgrünem Schnitt gehalten, es ist sein drittes Kochbuch und dieses ist komplett fleischfrei. Die  Philosophie des dänischen Spitzenkochs ist so schlicht und schön wie die Photographien der Gerichte und der Natur.

Ja, Immergrün, den Evergreens unter den eher in nordeuropäischen Breiten anzutreffenden Gemüsen gewidmet, ist ein Kochbuch mit Naturphotographien. Bilder von frühlingsgrünen Wäldern, rauer Borke und dem photogen werkelnden Autor am Lagerfeuer.

Karstadt hebt hervor, was Gemüse für ihn so spannend macht: Der Geschmack ist abhängig von den Umweltbedingungen und der Jahreszeit, variert durchs Jahr und sollte bei der Verabeitung beachtet werden. Sein Beispiel, eine frisch aus der Erde gezogene Karotte knackig und saftig roh genossen, die länger gelagert, spät im Jahr als cremiges Süppchen ein anderes, Geschmackserlebnis bietet, süßer und gehaltvoller. Der Einstieg ins Mikkels Kochkunst beginnt mit einem Getränk:

Äthiopischer Kaffee mit Brennesseln, Sauerklee, Buchenblättern und Fichtensprossen.“  In der Pfanne werden die grünen Kaffeebohnen zusammen mit den Wildkräutern geröstet, gemahlen und daraufhin mit kochendem Wasser übergossen. Ich muss gestehen, ich habe es nicht zubereitet, würde es sicher probieren gäbe es das zum Kosten irgendwo, aber das Lagerfeuer anwerfen, grüne Kaffeebohnen besorgen und mir diese Mühe machen, wenn ich in meiner Frenchpress ruckzuck guten Kaffee aufbrühen und genießen kann, dafür fehlt mir die Neugier.

Das „Spiegelei mit gebratenen Rapsblüten und Sauerklee“ ist mir da deutlich näher.  Wobei die Blüten ungespritzt sein müssen, und man den Waldlauf schnell absovieren muss um Sauerklee zu finden. Weiter führt die kulinarische Expedition über Zucchinizubreitungsvariationen  – die eigelegten werden ich sicher versuchen – woher die dazu vorgeschlagenen Limettenblätter kommen wird sich finden. Vielleicht tut es auch Minze, die ja eher in nördlicheren Gefilden frei wächst. Erbsen, Spitzkohl, Blumenkohl, rote Beete, Möhren, Brokkoli, Wildkräuter, Zwiebeln, Mikkel Karstad zaubert aus all diesen Zutaten interesante Gerichte. Experimentierfreudigere Köch*innen als ich sind hier sicher beglückt, denn es braucht den Willen Neues zu wagen, der mir bei etlichen Zutaten wie Sellerie komplett abgeht. Sellerie geht gar nicht. Praktisch und wie das ganze Buch ein stilvoller Hingucker, ist der Saisonkalender. Hip und trendig ist der „Kohlsaft mit Apfel und Ingwer“. So wunderschön und optisch zum Schwelgen „Immergrün“ auch ist, viele Gerichte sind es nicht die mich locken. Wer also wie ich auf die mediterrane Gemüseküche eingeschworen ist wird hier via Zutaten, geschmackstechnisch bei einigen Gerichten  stark herausgefordert. Doch es sind auch für kritische Köchin*nnen viele Schmankerln dabei wie die „Gnocchi mit Brokkoli, Mozzarella Oliven, Mandeln und Basilikum„. Auch das„Püree aus gebackenem Knoblauch mit gesalzener Zitrone, gegrilltem Brot, Radicchio und Estragon“ wird als edler Snack beim nächsten Grillen mit Freunden aufgetischt werden.

Immergrün – Die nordische Gemüseküche von Mikkel Karstad und Anders Schonnemann ist als Hardcover im März 2019 bei Prestel erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.

2 Gedanken zu “Nordische Grünzeug-Kulinarik für Experimentierfreudige Köch*innen

  1. Danke dir. Mikkel Karstad ist kreativ und wenn man die Bilder betrachtet ein Meister der bewussten Entschleunigung. Ich fürchte ich bin nicht der Typ für meditative Kaffeezubereitung in Gesellschaft. Geduld ist nicht meine herausragendste Eigenschaft. Leider. Momentan geht auch nur Eiskaffee bei heute 33°C im Schatten. Diese Art der Entschleunigung funktioniert allerdings. Sozusagen alternativlos.
    Herzliche Grüße aus dem Süden

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  2. Hallo Thursday,
    danke für die Buchvorstellung. Die genannten Gerichte und Zutaten klingen sehr kreativ. Mich würde etwa reizen Mozzarella, Basilikum mit Mandeln.
    Was den Kaffee betrifft: Falls Du mal in Deiner Umgebung die Gelegenheit hast, an einer äthiopischen Kaffee-Zeremonie teilzunehmen, empfehle ich den Versuch. Für uns zeitknappe und effizienz-gepolte „Westler“ erfordert dies einige Geduld und wirkt dabei auf wundersame Weise entschleunigend, meditativ – um nicht zu sagen beseelend – und kommunikativ in der Gruppe.
    Viele Grüße, Bernd

    Gefällt 3 Personen

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