Scharnow stinkt. Optisch und haptisch gibt es nichts auszusetzen, da macht sich das Buch gefällig und angenehm irritierend, aber der Geruch, der sich entfaltet, wenn das Buch aus der recycelbaren Folie gefummelt ist, ist streng und aufdringlich. Vermutlich Druckerschwärze vom dekorativ schwarz eingefärbten Schnitt. Der Preis der Schönheit. Der Umschlag ist rauh (sorry Duden, ich weiß, ohne h seit der Rechtschreibreform, aber ich kann das nicht) und griffig, quasi als direkte Verbindung zum Stil, der zwar rauh und lässig aber nie derb ist.
„Es war ein grauenerregender, aber auf perfide Art auch ästhetischer Anblick.“
Der unangenehme Geruch, der sich nach dem Auspacken entfaltet verfliegt auch nicht so schnell, fast könnte man meinen, es wäre der Geruch der Provinz, der Wohnungen der Verlierer, dessen Brodem einem aus dem Werk entgegenwabert. Die Messieküche der Mitglieder des „Paktes“ zum Beispiel, zumeist sympathische Verlierer. Überhaupt erinnert Scharnow an die einst heiß geliebte und gehörte Schröder Roadshow
ich weiß, falsche Band, aber dafür kann ich ja nichts ;).
Das geheimnisvolle Buch namens „Horror Vacui“, mit dem der einsame Blogger konfrontiert wird ist Programm. Die „Angst vor der Leere“, so der Titel übersetzt, wabert durch das Setting des ostdeutschen Provinzkaffs und Herr Felsenheimer bringt einem eben jene Inhaltslosigkeit des Daseins unterhaltsam nahe, ohne dabei seinen Protagonisten zu nahe zu treten. Liebevoll wie in „Schrei nach Liebe“ lässt er die Leser*innen am Schwarnowschen Leben teilhaben. Das liest sich fluffig, witzig und enthält einige wunderbare „Dialogues from Hell“. Weniger amüsant war der unsägliche Ohrwurm ,der sich mit Rex Gildos „Hossa“ einige Zeit in meinem Kopf einistete, aber das geht vorbei, ich möchte nur gewarnt haben.
Wenn man ein wenig die Interviews zum Buch und dessen Entstehung verfolgt hat, freut man sich darüber, wie hier ein Debütant so frisch und optimistisch ans Werk gegangen ist und tatsächlich etwas geschaffen hat, das zu lesen lohnt. Abgesehen vom Ende, das ein wenig hilflos wirkt, als ob nun mal gut sein müsste und der Abgabetermin dräut, ist Bela B. Felsenheimers „Scharnow“ ein frisches, skurriles, knackiges Stück Literatur, in dem durchaus Tiefe zu finden ist, wenn man gewillt ist zu suchen. Mittlerweile müffelt es auch nicht mehr.
Allen, die in ihrem Leben herumkraxeln und versuchen ihr persönliches Glück zu finden empfohlen, und als kleine Unterstützung noch etwas von Schröder Roadshow, bevor sie sich auf den Weg zum Buchdealer machen.
Laut zu hören!
Scharnow von Bela B. Felsenheimer ist im Februar 2019 als Hardcover bei Heyne Hardcore erschienen. Weitere Informationen bei Klick auf das Cover oder auf der Verlagsseite.
Hmm, ich glaube eher nicht. Wenn mich das Ende schon irritiert hat regst du dich garantiert mehr auf.
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Du kennst ja meinen Geschmack schon ein bisschen… Ist das was für mich?
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Potzblitz – wo man doch so plötzlich auf die Herren Köster & Hocker trifft 🙂 HURRA….
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