Giraffentheater – Savannenanekdoten

9783803113146Liest man EVOLution rückwärts steht da LOVE

Liebe und Romantik sind zwar zur Reproduktion nicht vonnöten, eine nette Beigabe bleiben sie für diese Triebfeder der Entwicklung dennoch. So sind nicht nur die Mechanismen und Tricks, die sich die Evolution zur reinen Weitergabe der Gene „einfallen“ ließ und lässt raffiniert ausgeklügelt, auch die Verhaltensforschung ist spannend. Die ganzen überlebenssichernden Strategien und Entwicklungen sind und bleiben, auch wenn sie entschleiert werden, geheimnisvoll –  teilweise zufallsbedingt – und etliche bleiben wohl noch sehr sehr lange ein wunderbares Mysterium. Für mich als Atheistin sind die Entwicklung des Lebens, die Artenvielfalt und die Strategien zum Arterhalt DAS Geheimnis des Universums, zwar teilergründbar aber dennoch zauberisch und fast schon göttlich. Eben so wie LOVE 😉 Wie amüsant das sein kann, und welch dunkle noch zu ergründenden Geheimnisse sie birgt kann man in Léo Grassets nicht ganz anspruchslosem Büchlein Giraffentheater – Anekdoten aus der Savanne erfahren.

Grasset beschäftigt sich mit Fragen weshalb Hyänenweibchen eine Klitoris haben, die vom Penis des Männchens mit bloßem Auge nicht zu unterscheiden ist und zudem 15% der erstgebärenden Weibchen und 60% des Wurfs unter der Geburt sterben lässt. Spinnt die Evolution und falls nicht, welche Gründe gibt es für diese Vorkommnisse?

Erforscht wird immer noch der Sinn des langen Halses bei Giraffen – hier scheint die Evolution mehrgleisig zu fahren –  das Zufallsfluchtprinzip der Gazellen – hat mich ebenfalls begeistert. Zufallsbedingte Verhaltensweisen – wenn man an die lieben Mitmenschen denkt, die launischen unter ihnen scheinen auch gerne Verhaltensweisen zu erwürfeln, womöglich sind sie damit erfolgreicher in der Weitergabe ihrer Gene? – verschaffen den Thompson Gazellen eine Überlebenschance gegenüber den hungrigen Geparden.

Zu entdecken gibt es in den Anekdoten aus der Savanne unter anderem auch das Geheimnis der Orgel spielenden Termiten, Forschungen dazu, wie Schwarmintelligenz im Tierreich funktioniert, die teils auch auf Menschen übertragbar sind, einen mir bis dato unbekannten Cousin von Charles Darwin – Francis Gaton –  der die Popularisierung des Daunenschlafsacks vorantrieb, leider aber auch pseudowissenschaftliche Studien zur Eugenik betrieb, die sich später die Nazis zu eigen machten. Er taucht im Kapitel Diktatur der Elefanten, Demokratie der Büffel auf.

Die fiesen Tricks männlicher Topi Antilopen um an Sex  zu kommen und den Harem beisammenzuhalten, sowie des Autors erklärtes Lieblingsviech, der Honigdachs begeistern Leser ebenfalls: „… das unglaublichste, gewalttätigste, krasseste Tier der gesamten Biosphäre. Er kaut nicht, er zerfetzt. Er stößt keinen Schrei aus, sondern einen markerschütternden Lärm, der die Trommelfelle und Hodensäcke seiner Gegner zerplatzen lässt. Es heißt er könne die Bedürftigen heilen: Ein Blick auf den Honigdachs genüge um wieder zu Stärke und Manneskraft zu finden.“

„Hätte Dschingis Khan ein Tier als Begleiter gehabt, das durch teuflisches Genie genetisch modifiziert worden wäre, um eine sadistische Kreuzung aus Weißem Hai, Grizzly und Riesenkraken zu erhalten, dann wäre dieser Mutant ein Honigdachs als Krav – Maga – Meister gewesen.“

Derart überschwänglich und fanlastig erzählt Grasset nicht immer. Fesselnd ist sein Buch allemal, für Menschen, die sich für das Thema interessieren und ihm durch verschiedene Wissensgebiete folgen mögen.

Dass Elefanten unterschiedliche gesprochene Dialekte zu unterscheiden vermögen, wie Ökosystem und Mensch ineinandergreifen und noch etliches mehr hat er verdaulich und faszinierend aber nie belehrend zum Inhalt dieses zebragestreiften Wunderbändchens gemacht, das ursprünglich nur auf seinem Blog existierte. Weshalb die Zebras Streifen haben? Theorien gibt es viele, genaues weiß man nicht 😉

Der schnuckelig anzuschauende Léo Grasset beglückt wissensgeile Menschen auch mit youtube Videos unter

Dirty Biologie

Leider konnte ich dort bisher nur französischsprachiges entdecken, das, wenn es schnell gesprochen wie im Video oder letztens im Urlaub im Museum daherkommt, mir wieder ins Bewusstsein ruft, weshalb es Kauderwelsch heißt. Allen, die die französische Sprache gut bis sehr gut beherrschenden sonstigen Frankophilen sei die Seite dennoch empfohlen.Wessen Französisch, wie meines bestenfalls zum Überleben in Gallien ausreicht, um im Supermarché Paté de sanglier zu Baguette und vin zu erwerben, der greife unbedingt zu diesem spassig informativen, kurzweiligen, schmalen Büchlein.

Meinen Dank an Elementares Lesen, ohne diesen wunderbaren Sachbuch Blog hätte ich wirklich schon etliches verpasst, so wie dieses Buch.

Buchdetails

  • Aktuelle Ausgabe : 04. März 2016
  • Verlag : Verlag Klaus Wagenbach
  • ISBN: 978-3-8031-1314-6
  • Gebunden, Leinen bedruckt: 144 Seiten

2 Gedanken zu “Giraffentheater – Savannenanekdoten

  1. Wie schön, dass dir dieses wunderbare Buch auch so gut gefallen hat! So viele spannende Details aus der Forschung, und dann auch noch sehr humorvoll dargeboten, diese Verbindung ist leider selten.
    Leider reicht auch mein Französisch nicht für Dirty Biology 😉

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