Vom kleinen Glück

FlorescuRay und Elena sind sich in New York im Jahr 2001 zufällig begegnet. Die Umstände dieses Treffens sind besondere, und sie beginnen damit, sich ihre Lebensgeschichten zu erzählen. Eigentlich jedoch sind es zunächst und hauptsächlich die Geschichten ihrer Eltern und Großeltern: Rays Großvater wuchs als Straßenjunge in New York auf, sein Leben war immer auch ein Kampf ums Überleben, gegen Armut, für ein besseres Leben, irgendwann. Voller Einfallsreichtum, Gewitztheit und Durchhaltevermögen bestritt er seine Tage. Elena kommt aus einem kleinen rumänischen Dorf, auch ihre Geschichte ist eine von Verzicht und Armut, vom Streben nach mehr. Einst wollte ihre Mutter nach Amerika, dort heiraten, neu anfangen. Nun ist es Elena, die stattdessen in New York angekommen ist.

Catalin Dorian Florescus neuer Roman „Der Mann, der das Glück bringt“ ist die Geschichte von Menschen, die nichts oder wenig hatten oder haben, deren Leben nie von der Gewissheit geprägt war, dass immer und von allem genug da sein wird. Bemerkenswert dabei ist, dass der Roman niemals trostlos oder hoffnungslos ist. Nicht nur sind es seine Figuren, die aus ihrem Schicksal einfach das Beste machen, die nicht aufgeben, nach vorn blicken. Vor allem ist es Florescus bildreiche Sprache und die Behutsamkeit, mit der er sich seinen Figuren stets nähert, sie „versteht“ und niemals verurteilt. So wird die Lektüre niemals deprimierend. Es gibt Romane, die sich so trostlos lesen, dass die Stimmung auf den Leser übergreift (gewollt und somit noch wirkungsvoller), dieser hier gehört nicht dazu.

Florescus Roman ist vor allem ein Roman der Stimmungen, der Atmosphäre, denn das schafft der Autor innerhalb weniger Seiten: ein Gefühl beim Leser auslösen, sodass man sich schnell in der Geschichte angekommen fühlt, ein Erlebnis als sei man mittendrin. Erzählt wird einerseits im großen Bogen, mit auf der anderen Seite sehr genauem Blick auf viele kleine Begebenheiten, die den Roman bunt und vielfältig machen.

Ray und Elena erzählen einander ihre Geschichten in abwechselnden Kapiteln, was dem Leser  zunächst nicht erklärt wird. Lange Zeit ist der Roman somit eine alternierende Erzählung von Lebensgeschichten, die sich nicht berühren. Vielleicht kommen die eigentlichen Protagonisten in der Gegenwart dadurch ein wenig kurz, vielleicht kann man aber auch einfach mit ihnen in eine positive Zukunft außerhalb des Romans blicken. Ich wäre gern noch ein Stück weiter mit ihnen mitgegangen.

So fragt der Roman immer wieder danach, was Glück bedeutet: Alle streben danach, für jeden ist es etwas anderes. Wir lernen Menschen kennen, die wenig haben, und die sich trotzdem etwas schaffen, auch wenn es klein, wenn es wenig sein mag. Menschen, die letztendlich nicht aufgeben, die zufrieden sind. Florescu hat einen stimmungsvollen Roman geschrieben vom Spannungsfeld zwischen Träumen und Realität.

Buchdetails

  • Aktuelle Ausgabe : 10. Februar 2016
  • Verlag : Beck Verlag
  • ISBN: 978-3-406-69112-6
  • Gebunden: 327 Seiten

 

6 Gedanken zu “Vom kleinen Glück

  1. Mir hat dieser hier etwas besser gefallen als Jakob… Jedenfalls lohnt sich die Lektüre beider Bücher, meiner Meinung nach 🙂

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  2. Danke für die schöne Rezension. Sein älterer Roman „Jacob beschließt zu lieben“ steht seit Ewigkeiten in meinem Regal. Ich sollte es wohl mal lesen, und dann zu „Der Mann, der das Glück bringt“ greifen.

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