Meine „Krimi-Karriere“ begann, wenn ich mich recht entsinne, im zarten Alter von 14 Jahren. Gerne gesehen im Fernsehen waren die Edgar-Wallace-Verfilmungen mit Schauspielern wie Eddie Arent, Blacky Fuchsberger, Gert Fröbe, Klaus Kinski, Karin Baal und Konsorten – und das Ganze natürlich in dezentem Schwarz/Weiß.
Gelesen habe ich damals allerdings vor allem Agatha-Christie-Krimis – am allerliebsten Miss Marple. Ob meine Eltern wirklich mitbekommen haben, was ich da lese, weiß ich nicht so recht, denn FSK-Angaben auf den Büchern gab es nicht und die Bücher waren auch in der Stadtbibliothek für mich frei zugängig. Nicht nur zwischen 22 h und 6 h – gut, war ja auch alles noch analog und nicht ganz so gruselig und blutig.
Abgerundet hat meine Krimisucht noch der Krimidienstag auf BR2 Radio mit solch genialen Serien wie Dickie Dick Dickens, die mir klar machten, dass Krimi auch als witzige Satire spannend sein kann.
Last but not least landete ich bei einem Ermittler, dem man dank des Diogenes Verlages auch heute noch bei der Klärung von über 70 Fällen über die Schulter gucken kann: Jules Maigret.
Irgendwann allerdings ließ meine Krimisucht nach. Wurden mir die Geschichten zu blutig? Hatte ich zu viele Details der Taten erfahren und zu wenige der Hintergründe? Genau weiß ich das nicht. Aufgefallen ist mir allerdings, dass ich in den letzten Jahren doch immer mal wieder gerne zu einem Krimi griff, wenn ich Lektüre brauchte, die mich eher entspannte, als forderte. Was aber nicht heißen soll, dass Krimis per se anspruchslos sind.
Die „neuen“ Krimis, die mir in die Hände fielen und die mich begeisterten, haben Protagonisten, die mich tief in ihre private Welt einließen. Die Fälle selbst wurden geklärt, nicht immer auf die übliche Art und meist erkannten die Ermittler sehr gut, dass Recht nicht gleich Gerechtigkeit ist und handelten dementsprechend unkonventionell.
Wieder einmal bei Maigret angekommen, finde ich einiges wieder, was ich eben beschrieb, aber nicht alles. Das persönliche Umfeld bleibt nebulöser, der Kommissar ist ein echter Typ, der aus dem Rahmen fällt. Zusätzlich aber fällt eines sofort auf: Simenon schreibt geradlinig, macht kein Getöse und schickt den Leser trotzdem immer wieder auf falsche Spuren. Spannung pur, unterlegt mit der psychologischen Analyse der Tat und des Täters. Gesellschaftliche Kritik ohne den moralischen Zeigefinger. Reiner Krimistoff, der wunderbar flüssig unterhält. Ein Kommissar, der trotz seines bärbeißigen Auftretens immer konzentriert bei der Sache ist, ein goldenes Herz am rechten Fleck sitzen hat und Gerechtigkeit walten lässt, wo es ihm möglich gemacht wird.
Entschleunigte und trotzdem äußerst kurzweilige Lektüre, die sich mir in den derzeit neu als Doppelband Mit Maigret in die Bretagne aufgelegten Krimis Maigret und der gelbe Hund und Maigret und der geheimnisvolle Kapitän darbot. Genau das Richtige für schnörkellose, direkte, spannende Lesestunden, die wieder einmal klar machen, wie sehr auch Schreibstile den unterschiedlichen Zeiten und deren Usancen verbunden sind. Und eine Erinnerung an das, was mich damals schon „anfixte“ … spannend erzählte Geschichten mit menschlichem Hintergrund.
Die nächste Reise mit Maigret führt übrigens in die Provence … ich freue mich drauf!
Buchdetails
- Aktuelle Ausgabe : 24. Juni 2015
- Verlag : Diogenes Verlag
- ISBN: 978-3-257-24346-8
- Broschiert: 400 Seiten
- Doppelband enthält die Titel Maigret und der gelbe Hund und Maigret und der geheimnisvolle Kapitän
Aber sicher – das leist sich weg wie nix, wenn man sich ein wenig darauf eingelassen und runtergetaktet hat. Mir tat das unheimlich gut 😉 wünsche viel Spaß damit … LG, Bri
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Ich habe auch noch einen Maigret auf dem SuB. Vielleicht schaffe ich den ja in den Ferien…
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Ja, sowas … May Sjöwall und Per Wahlöö, so hießen die …
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Swalhöö/Waljöööööö oder sö?
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Ah, da fällt mir noch dieses Autorenduo ein … Moment .. die hießen … ich hab keine Ahnung mehr. Aber die anderen Skandinavier habe ich beiseite gelassen, die waren mir zu gruselig 😉 Und ja, da stimme ich Dir zu, nur weil jemand viel Output hat, muss dieser nicht schlecht sein … und er schafft es meisterhaft eine fast schon Kammerspielartige Szenerie zu entwerfen.
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Deine „Krimikarriere“ hatte ich ähnlich…die ganzen Schweden und anderen Skandinavier…und vor zwei Jahren griff ich nach jahrelanger Abstinenz ebenfalls wieder zu Simenon. Er wird oft literarisch „unter Wert“ gehandelt wegen seines wahnsinnigen „Outputs“ – aber meiner Meinung nach aufgrund der Sprache, des knappen, dichten Stils einer der Größten.
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